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ihrer Arbeit überwiegt. Sicher sind viele frustriert, da sie ihre Löhne und
Gehälter ständig mit denen in anderen EU-Ländern vergleichen. Die eige-
ne Produktivität wird dabei leicht vergessen. Wenn man z.B. das kleine
Slowenien nimmt, wo die Löhne vergleichbar mit denen Portugals sind,
liegt das Bruttosozialprodukt dort wesentlich höher und der Ausbildungs-
stand der Arbeitskräfte ist den portugiesischen Kollegen weit überlegen.
Die mangelnde Arbeitsdisziplin wird von den meisten Menschen auch
selbst reklamiert, doch immer schaut man dabei auf die anderen Lands-
leute und nicht auf sich selbst. Besonders im öffentlichen Dienst (Funcio-
náriosPúblicos) fragt sich so manch ein Außenstehender, was all die Leute
in den überbesetzten Ämtern eigentlich tun. In Portugal gibt es aktuell
mehr als 2 Millionen Beamte.
In dem kleinen Städtchen Mafra nördlich von Lissabon (bekannt durch
den Palast von Mafra) löste der Bürgermeister dieses Effektivitätsproblem
auf portugiesische Art. Die Gemeinde beschloss im Dezember 2009 kur-
zerhand, dieArbeitswochevonfünfaufvierTagezukürzen. Die Mitar-
beiter der CâmaraMunicipal von Mafra arbeiten somit nur noch von Mon-
tag bis Donnerstag, dafür täglich etwas länger. Damit schlug man gleich
drei Fliegen mit einer Klappe. Zunächst wurde der Coup als Sparmaßnah-
me in Zeiten der Finanzkrise verkauft, denn ab sofort konnte man freitags
die Energiekosten der Büros und die Spritkosten für die Gemeindefahr-
zeuge einsparen. Zweitens leiste man damit gleichzeitig einen Beitrag
zum Klimaschutz. Drittens wäre somit das Produktivitätsproblem der Ar-
beitnehmer gelöst, denn nun strenge sich jeder an den anderen Tagen et-
was mehr an, wenn er dafür ein verlängertes Wochenende habe. In der
Bevölkerung von Mafra und in den portugiesischen Medien wurde dieses
Beispiel mit viel Spott und Kritik kommentiert.
Für den allgemein verbreiteten Frust im Beruf hat sicherlich auch die
lange favorisierte ,Politik der billigen Arbeitskraft' im Industriesektor ge-
sorgt. Dies ging einige Zeit gut, doch mit der zunehmenden Konkurrenz
aus Osteuropa und Asien wurde die günstige Arbeitskraft nun zum Pro-
blem. Auch waren beruflicheQualifizierungsmaßnahmen lange Zeit
vernachlässigt worden. Zur Weiterbildung der portugiesischen Arbeit-
nehmer hat die Regierung deshalb ein Gesetz erlassen, das jedem Mitar-
beiter eine Freistellung von 20 Stunden pro Jahr für Qualifizierungsmaß-
nahmen zusichert.
Beamte auf Schienen: Die Schaffner der „Eléctricos“
sind „Funcionários Públicos“ - im öffentlichen Dienst
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