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Das Wort hat wahrscheinlich seinen Ursprung im lateinischen solitudo -
„Einsamkeit“. Daraus wurde später solidade, soldade und letztendlich sau-
dade. Eine Empfindung von Einsamkeit oder besser ausgedrückt ein „Sich-
unverstanden-Fühlen“ scheinen die Portugiesen mit der Muttermilch auf-
zusaugen. Mit dem lange Zeit feindlich gesinnten Spanien als Bollwerk
gegen den Rest Europas blieb nur der Blick aufs weite Meer, der manch ei-
Fernando Pessoa - ein einsames Genie
„Wir alle, die wir träumen oder denken, sind Buchhalter und Hilfsbuch-
halter in einem Stoffgeschäft oder in einem Geschäft mit einem anderen
Stoff in irgendeiner anderen Altstadt. Wir führen Buch und erleiden Ver-
luste; wir summieren und gehen dahin; wir schließen die Bilanz und der
unsichtbare Saldo spricht immer gegen uns.“
(Quelle: „Das Buch der Unruhe“)
Ein unscheinbarer magerer Mann mit schwarzem Anzug und schwar-
zemHut,blass,Brillenträger,miteinemkleinenSchnauzbart,imCafésit-
zend oder ernst durch die Straßen Lissabons spazierend - so kennt man
ihn von Abbildungen oder nach eigenen Beschreibungen. Fernando No-
gueira de Saabra Pessoa, der bekannteste portugiesische Dichter und
Schriftstellerdes20.JahrhundertsisteinPhänomen.1888inLissabonge-
boren,teilweiseinSüdafrikaaufgewachsen,verdienteersichseinGeldals
Buchhalter und Schreiber für verschiedene Zeitungen. Er vereint vieles in
sich: umstrittenes Genie und schwermütiger Philosoph, Meister des Verses
undderProsa, Magier der Worte,derdieportugiesischeSprachewiekein
andererzunutzenwusste.ErwardereigenbrötlerischeÁlvarodeCampos,
der dichtende Arzt Ricardo Reis, der grübelnde Bernardo Soares oder der
romantische Poet Alberto Caeiro: Persönlichkeiten, die er erfand und als
„Heteronyme“ benutzte. In jedem von ihnen steckte ein Teil von Pessoa
selbst und er war alle zusammen. Die Einmaligkeit seiner Sprachgewalt
drückt sich in seinen komplizierten Satzkonstellationen aus, die von un-
glaublicher mentaler Wachheit zeugen.
Eines seiner Meisterwerke ist das „Livro do Dessasosego“: Das „Buch
der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares“ erschien 1982, 47
Jahre nach Pessoas Tod. Darin fasste er die Gedanken und Aufzeichnun-
genseinesHeternoymsBernardoSoareszusammen.Derlebtalseinfacher
Angestellter in der Rua dos Douradores in Lissabon, hinterfragt die Welt
und stellt gleichzeitig seine eigenen Antworten in Zweifel.
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