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grundsätzlichen Art und Weise: Während der Laizismus in der türkischen
Lebenspraxis eigentlich ein defensives und keineswegs allgemein aner-
kanntes Gedankenmodell gegen den Islam darstellt, besetzt der Nationa-
lismus offensiv die ideologische Leerstelle, die mit der Verbannung der
Religion als einheitsstiftendes Prinzip vakant geworden war. Kurz: Der Na-
tionalismus kann - anders als der stark kritisierte Säkularismus - als Iden-
titätsprinzip des türkischen Staates auf die weitgehende Akzeptanz sei-
ner Bürger rechnen. Und dies leider nicht nur in Bezug auf die Flagge,
sondern auch auf ethnische Minderheiten.
Das türkische Wort für Nationalismus - milliyetçilik - leitet sich von dem
uns schon bekannten Ausdruck millet ab, mit dem zu osmanischer Zeit die
religiösen - nicht staatlichen - Gemeinden der Muslime, Christen und Ju-
den voneinander abgegrenzt wurden; einen Nationalismus im modernen
Sinne gab es im Osmanischen Reich nicht.
Die Bedeutung des Wortes millet (in heutigen Zusammensetzungen mil-
li ) änderte sich erst, als die Jungtürken und die Kemalisten den aus der
französischen Revolution erwachsenen Begriff der „Staatsnation“ über-
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