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Die Einhaltung der fünf Pflichtgebete ist übrigens nicht an den Besuch
einer Moschee gebunden; Muslime können überall in der Welt ihren per-
sönlichen Betplatz kreieren, indem sie ihren Gebetsteppich oder eine an-
dere geeignete Unterlage auf den Boden ausbreiten, um sich dann Rich-
tung Mekka zu verbeugen. Ist kein Wasser zur Hand, kann für die rituelle
Reinigung auch Sand benutzt werden.
3. Die dritte praktische Handlungsmaxime ist die Sozial- bzw. Armen-
steuer (ar ab.: zakat, türk.: zekât ), die nicht mit der freiwilligen Almosen-
spende (türk.: sadaka ) verwechselt werden darf. Denn die zekât stellt für
Wohlhabende eine Art religiöse Pflichtsteuer dar, die von einigen Theolo-
gen (hoca) auf 2,5% der jährlichen Nettoeinnahmen festgelegt wird 9) . An-
ders als das lediglich familiäre Unterstützungsprinzip in der westlichen
Gesellschaft betont die Armensteuer die soziale Verantwortung des Ein-
zelnen in der Umma, auch wenn in der Türkei heute natürlich staatlich er-
hobene Steuern als soziales Instrumentarium eingesetzt werden.
Darüber hinaus bedeutet die sadaka an jeden die Aufforderung, nach
Maßgabe seiner jeweiligen Möglichkeiten den Bedürftigen zu helfen; die
Gabe ist immer freiwillig, aber „nimmer erlangt ihr die Gerechtigkeit, ehe
ihr nicht spendet von dem, was ihr liebt; und was immer ihr spendet, sie-
he, Allah weiß es“ 10) .
4. Eine bedeutende religiöse Pflicht ist das Fasten (oruç) im Monat Ra-
madan (türk.: ramazan ). Jeder Gläubige ab dem 8./9. Lebensjahr verzich-
tet während des Fastenmonats zwischen Sonnenaufgang und -untergang
auf Essen, Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr. Vor allem für arbei-
tende Menschen stellt dies erhebliche Anforderungen dar, sodass nicht
wenige Firmen bei ihren Mitarbeitern eine verringerte Motivations- und
Arbeitsintensität feststellen müssen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn
der Monat Ramadan in die heißen - und taglängeren - Sommermonate
fällt. Denn der Fastenmonat richtet sich natürlich nach dem islamischen
Mondkalender, dessen Jahresrhythmus um ca. 11 Tage kürzer ist als das
uns bekannte Sonnenjahr; so „wandert“ der Beginn des Ramadans jedes
Jahr im Sonnenkalender kalendarisch um ca. 11 Tage nach vorne. Der Fas-
tenmonat wird offiziell ausgerufen, wenn die Mondsichel im neunten Mo-
nat sichtbar wird; er endet mit der Erscheinung des zehnten Mondes.
Verständlich, dass unter diesen Bedingungen der Lebensrhythmus sich
mehr auf die Nachtzeit ausrichtet, denn das Fasten lässt sich - so man es
sich leisten kann - mit dem Tagschlaf leichter durchhalten. Noch vor Son-
nenaufgang nimmt man das suhur, quasi das Ramadan-Frühstück, zu sich,
um den Tag zu überstehen. Ist die Sonne untergegangen, befreit der Ruf
des Muezzins alle Hungernden und Durstenden von ihren Qualen. Schon
Minuten vorher sind die Straßen leergefegt, denn alle warten auf den er-
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