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lösenden Gebetsruf, um sich dann gemeinsam beim iftar, dem Abendes-
sen, zu stärken. In den vollbesetzten Restaurants klappern wie auf Kom-
mando die Gabeln und Löffel.
Wer als Reisender zu diesem Zeitpunkt in einem kleinen, religiös ge-
prägten Ort ist und das iftar mit den anderen teilt, wird vielleicht nach-
empfinden können, dass das Fasten neben seinem religiösen auch einen
sozialen Stellenwert besitzt: Alle fühlen sich mehr miteinander verbunden,
und zwar nicht nur, weil geteiltes Leid einander näherbringt, sondern ganz
einfach deshalb, weil die Fastenzeit das individuelle Lebensgefühl in ein
Gemeinschaftsgefühl aufhebt und überhöht. Auch nicht-religiöse Men-
schen können so durchaus durch den Reiz der Solidarität im gemeinsa-
men Fasten einen hohen persönlichen und sozialen Sinn erleben. So ist in
der säkularen Türkei, in der niemand von staatlicher Seite den Ramadan
überwacht, das Fasten „in“, sei es aus den obigen oder auch anderen
Gründen, z. B. weil man die Zeit zum Abnehmen nutzen will. Das zusätz-
lich zu den uns schon bekannten Pflichtgebeten abgehaltene Nachtgebet
(teravi namaz) unterstreicht ebenso wie religiöse Fernseh- und Radiosen-
dungen das gemeinschaftliche Erleben während des Ramadans.
In den Touristenorten der Türkei ändert sich für den Urlauber natürlich
kaum etwas, aber in einem ostanatolischen Dorf kann es schon passieren,
dass man am Tag alle Restaurants und Läden geschlossen findet - auch
wenn niemand von Reisenden verlangt, den Ramadan einzuhalten.
Wird übrigens aus irgendeinem Grund während des Tages das Fasten
gebrochen - und sei es nur durch den Zug an einer Zigarette -, so kann
der verlorene Fastentag nach dem Ramadan nachgeholt werden.
Schwerstarbeiter, Kranke, Reisende und schwangere wie auch menstru-
ierende Frauen sind ohnehin vom Fasten befreit.
5. Die letzte Säule des Islam kann im westlichen Denken als bekannt
vorausgesetzt werden, und sei es nur, weil man sich aus seiner Jugendlek-
türe der Karl-May-Gestalt des Hadschi Halef Omar erinnert. Ein hadschi
(türk.: hac£ ) ist derjenige, der die oben bereits angesprochene Wallfahrt
nach Mekka ( hadsch, türk.: hac ) erfolgreich absolviert hat, d. h. mindes-
tens einmal im Leben im islamischen Monat Zilhicce - der letzte des isla-
mischen Kalenders - das Heiligtum der Kaaba siebenmal umrundet und
dabei mehrere rituelle Handlungen zelebriert hat. Da Saudi-Arabien jedes
Jahr nach einem Länderschlüssel die Anzahl der Pilgerkandidaten pro
Land bestimmt, hat die „Wallfahrtsabteilung“ (Hac Dairesi) im „Präsidium
für Religiöse Angelegenheiten“ ( Diyanet I¥leri Ba¥kanl£¤£, s. u.) die Zutei-
lung und Aufsicht über die türkischen Pilgerkontingente inne. Jedes Jahr
können mehr als 50.000 Türken die Pilgerfahrt nach Mekka antreten; die
Zahl der Anträge liegt zumeist sehr viel höher.
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