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ban,
der für Sultan
Mehmet
die größte Kanone der damaligen Zeit gebaut
hatte, um Konstantinopel zu erobern.
Undauch300Jahrespäter,alsdieOsmanenbereitsinderDefensiveih-
re letzten siegreichen Kriege führten - im österreichischen Feldzug von
1736-39 - war es der französische General
Claude Alexandre Bonneval
(nach seiner Konvertierung zum Islam
Ahmed Pascha
genannt), der we-
sentlichenAnteilamosmanischenSieghatte.DieTürkengerietenseitdem
späten 16.
Jh. gegenüber Europa auf (militär)technischem Gebiet immer
mehr in Rückstand.
Ein äußerliches Zeichen des Niedergangs ist die
Charakterschwäche
der Sultane
nach
Süleyman:
Nachdem dieser auch seinen zweitältesten
Sohn
Bayezid
samt dessen vier Söhnen hingerichtet hatte, übrigens eben-
falls unter dem Einfluss von Großwesir
Rüstem Pascha,
war der Weg frei
für
Roxelanes
Sohn
Selim,
der nach dem Tod seines Vaters Sultan wurde
(1566-74). Sein Beiname
mest
(„der Trunkene“) lässt zum ersten Mal je-
ne Schwäche der Sultane erkennen, die der Führung des Reiches kaum
von Nutzen sein konnte. Kulinarisch eher auf Handfestes orientiert war
sein Nachfolger, „der Freßsack Murad III., der sich bis zu 50 Gerichte täg-
lich servieren ließ“
5)
. Seine unersättliche Vorliebe für die Haremsfreuden
kostete mehreren Sklavinnen das Leben, denn sein Sohn und Nachfolger
Mehmed III.
(1595-1603) ließ beim Regierungsantritt nicht nur seine
19 Brüder, sondern schließlich auch all jene Konkubinen töten, die noch
von seinem Vater schwanger waren. Unter
Achmed I.
(1603-17) fand
dann insofern eine radikale Neuerung statt, als die Brüder des Sultans
fortan nicht mehr getötet, sondern in einem goldenen Käfig im Palast un-
terGewahrsamgehaltenwurden.SoweiteinigeBeispielezurneuenQua-
lität der Herrscher.
Auf dem Schlachtfeld waren die Zeichen des Niedergangs nicht sofort
feststellbar, denn zwischen
1566 (Tod Süleymans)
und 1683 (zweite Be-
lagerung Wiens) befand sich das Reich ungeachtet der inneren Schwäche
noch weiterhin in der aktiven Rolle des Angreifers. Die Osmanen erober-
tenZypern(1571),denKaukasus(1578),Kreta(1669)undTeilederUkrai-
ne (Podolien, 1672).
Es war die
zweite Belagerung Wiens,
die das Osmanische Reich end-
gültig in die Defensivposition bringen sollte. Zahlenmäßig zwar immer
noch überlegen, aber militärtechnisch schon weit hinter den verbündeten
Europäern (Deutsche, Österrreicher, Polen) zurück, erlitten die Osmanen
amKahlenbergbeiWieninderEntscheidungsschlacht(am12.September
1683) eine bittere Niederlage. Mit ihr versank auch endgültig die einstige
Vision der Sultane, die Ungläubigen in das Osmanische Reich zu integrie-
ren und den Herrschaftsbereich des Islam auf Europa auszudehnen.