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Der Verfall des Reichs und das türkische Trauma
Das Schwert war die Stärke der Nachfolger Osmans gewesen;
aber Schwerter waren neuerdings aus der Mode gekommen,
zugunsten von tödlicheren und technisch wirksameren Waffen.
Das Leben wurde allzu kompliziert für dieses simple Volk ...
(Lawrence von Arabien)
FastalleGeschichtsschreibersindsicheinig,dassbereitszudenGlanzzei-
ten unter
Süleyman
dem Prächtigen jene Prozesse einsetzten, die das
Reichinnerlich-wieauchmiteinerzeitlichenVerschiebungäußerlich-in
die Defensive bringen und langfristig seine Fundamente zerstören sollten.
Symptomatisch für die Folgezeit war ein
Ereignis aus dem Jahre 1553.
Sultan
Süleyman
besaß eine Lieblingsfrau (
Chasseki
- höchste Kategorie
derLieblingsfrau,dieeinenSohngeborenhat),dievondenEuropäern
Ro-
xelane,
vondenTürken
Hürrem
genanntwurde.SiewareinevondenKrim-
tataren erbeutete tscherkessische Sklavin - eine wegen ihrer weißen Haut
allgemein auf dem Sklavenmarkt beliebte Haremszierde. Sie war die erste
Frau, die vom alten Harem (stand an der Stelle der heutigen Universität
von Istanbul) in den
Topkap£-Palast
umzog, ein nicht nur geografisches
Heranrückenandasmännliche ZentrumderMacht.WerheutedenPalast
besucht, wird interessiert feststellen, dass der Diwan, jenes höchste Bera-
tergremium des Sultans, das mit einer Ministerrunde verglichen werden
kann,sichunmitt
elbarnebendemverbotenenintimenBereichdesHarems
befand, sozusagen in Reichweite der Frauen und der sie bewachenden
schwarzen Eunuchen. Zwischen diesem Dreigestirn - Harem, schwarze
Eunuchen und Diwan - sollten zukünftig
Allianzen und Intrigen
die Ge-
schicke des Reiches lenken, vor allem dann, wenn der Sultan schwach war
- was nach
Süleyman
für lange Zeit fast zur Regel werden sollte.
Somachteschon
Roxelane
mehrmalsbeidenBesetzungendesGroßwe-
sirpostens ihren Einfluss geltend, vor allem bei der Berufung ihres Schwie-
gersohns
Rüstem Pascha,
und zusammen mit diesem gelang ihr gegen ih-
re Haremsrivalin
Gülbehar
in eben jenem Jahr 1553 der wohl größte Tri-
umph.
Gülbehar
hatte
Süleymans
ältesten Sohn geboren,
Mustafa,
der
vielversprechende Anlagen zeigte und seinem Vater in puncto Begabung
am nächsten kam.
Gülbehar
hatte wohl gegenüber der ihr vorgezogenen
Konkubine in ihrer Eifersucht zu deutlich die Vorzüge ihres Sohnes als
Das Atatürk-Museum in Bursa