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Ù Tagblatt-Turm *
[D5]
Ú Leonhardsviertel
und Bohnenviertel ** [D5]
Ihre offene Flanke zeigen die bei-
den historischen Viertel der mehr-
spurigen B14, der Hauptverkehrs-
achse Stuttgarts, durch die sie von
der Innenstadt geradezu abgeschnit-
ten sind. Parkhäuser wie das Züblin
mit seinen 600 Stellplätzen, die be-
tonierten Zufahrten zu den Straßen-
tunneln sowie die Bauten zur eben-
falls stark befahrenen Charlottenstra-
ße hin bilden den typisch Stuttgarter
Kontrast zu alten Giebel- und Fach-
werkhäusern, Kopfsteinpflaster und
Hin ter hof idyllen. Nur ein paar Me-
ter von der lebhaften City entfernt,
hat sich hier quasi als Insel eine in-
nerstädtische Idylle erhalten, in der
es beschaulich, ja geradezu dörflich
zugeht.
Im Leonhardsviertel rund um die
gleichnamige Kirche existieren Sze-
nebars und Rotlichtkneipen ein-
trächtig nebeneinander. Die Gassen
zwischen Wilhelmsplatz und Pfarr-
straße bilden zwar keinen Kiez im
strengen Sinn einer Amüsiermeile,
aber als Ausgehviertel ist das Quar-
tier mit seiner Mischung aus Halbwelt
und Szene dennoch en vogue. Dazu
trägt auch der im Gustav-Siegle-Haus
beheimatete Bix Jazzclub (s. S. 42)
bei, der mit allabendlichen Konzer-
ten für Leben sorgt. Zudem bringen
Galerien, Plattenlabel und Kunst-
und Designerateliers Flair ins Viertel.
Was abends im Schein der Leuchtre-
klamen attraktiv wirkt, zeigt tagsüber
aber auch trostlose Seiten - vermüll-
te Gehsteige, vernachlässigte Altbau-
ten, trister Straßenstrich.
Wie das Leonhardsviertel gehört
auch das Bohnenviertel zwischen
Esslinger, Charlotten-, Olga- und
Pfarrstraße baulich zu den schöne-
Als architektonische Sensation ent-
stand in Stuttgart zwischen 1924 bis
1928 ein 18-stöckiges Zeitungshaus.
Das 61 Meter hohe Gebäude wurde
für das liberale Neue Tagblatt errich-
tet und war das erste Stahlbeton-
Hochhaus Deutschlands.
Wie die Weißenhofsiedlung SS ent-
sprang das heutige Architekturdenk-
mal des „Neuen Bauens“ der gestal-
terischen Aufbruchsstimmung der
1920er-Jahre. Der damals noch un-
bekannte Stuttgarter Architekt Ernst
Otto Osswald hatte den ausgeschrie-
benen Wettbewerb gewonnen und
strebte mit seinem Bauwerk nicht
nur mutig in die Höhe, sondern setz-
te weltweit erstmalig den Werkstoff
Sichtbeton an - die Außenfassade
blieb unverputzt. Nach dem Willen der
Auftraggeber sollte der Bau Ausdruck
der „wachsenden Macht und Bedeu-
tung der Presse“ sein, doch nach der
Machtergreifung der Nationalsozia-
listen änderten sich die Verhältnisse.
1943 wurde das Neue Tagblatt einge-
stellt. Von Kriegsende bis 1978 be-
zog die Stuttgarter Zeitung den Turm
- die erste Ausgabe erschien am 18.
September 1945 - dann wurden Re-
daktion und Produktion nach Stutt-
gart-Möhringen verlagert.
2004 wurde das von der Stadt er-
worbene, unter Denkmalschutz ge-
stellte und umgestaltete Areal in-
klusive mehrerer Turmanbauten als
Kulturzentrum Unterm Turm neu er-
öffnet. In die Gebäude zogen kul-
turpädagogische Einrichtungen für
Kinder und Jugendliche sowie drei
Theater, darunter - schon seit den
1980er-Jahren - das Figurentheater
Fitz! (s. S. 41).
µ eberhardstr. 61, Haltestelle: Rathaus,
U1, U2, U4
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