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Kritiker notierte: „Carlyle war für Eng-
land das, was sein großer Held Goethe
schon lange für Deutschland war - ein
alter Prophet, dessen persönliche Urtei-
le über Menschen und Dinge ungeduldig
begehrt und die begehrlich aufgezeich-
net und weiter erzählt wurden.“ George
Eliot, die ja um die Ecke im Cheyne Walk
lebte und nicht gerade als Bewunderin
von Carlyle galt, mußte um 1855 immer-
hin zugeben, dass „es eine müßige Fra-
ge ist, ob seine Bücher in einem Jahrhun-
dert noch gelesen werden“.
Virginia Woolf, die sich manchmal
auch als Journalistin betätigte, schrieb
1932 in ihrem Essay „Häuser berühmter
Menschen“: „Nehmen wir zum Beispiel
die Carlyles. Eine in ihrem Haus in Cheyne
Row verbrachte Stunde vermittelt uns
mehr, als wir aus allen Biografien erfah-
ren können. Gehen Sie einmal hinunter
in die Küche: Dort wird man mit einer
Tatsache bekannt gemacht, die dem Bio-
grafen Froude entging und dennoch von
einer kaum zu überschätzenden Bedeu-
tung für sie war: Sie hatten keine Was-
serleitung. Jeder Tropfen, den die Car-
lyles verbrauchten - und sie waren als
Schotten geradezu von fanatischer Rein-
lichkeit -, musste von Hand aus einem
Brunnen in der Küche hochgepumpt wer-
den. (...) Das hohe, alte Haus ohne flie-
ßendes Wasser, ohne elektrisches Licht,
ohne Gasheizung, voll von Büchern und
Kohlenrauch, Himmelbetten und Maha-
gonischränken, in dem zwei hochnervöse
und anspruchsvolle Menschen jahraus,
jahrein lebten, wurde von einem einzi-
gen unglücklichen Dienstmädchen in
Ordnung gehalten. (...) Oben im Dachge-
schoss unter einem Deckenlicht saß Car-
lyle auf einem rosshaarbezogenen Stuhl
und stöhnte, während er mit der Ge-
und wurde endgültig berühmt mit sei-
nem Band „Über Helden und Heldenver-
ehrung und das Heldentümliche in der
Geschichte“, in dem er charismatische
Figuren der Weltgeschichte in prägnan-
ten biografischen Essays verlebendig-
te. Goethe sagte schon 1827 über ihn:
„Carlyle ist eine moralische Macht von
großer Bedeutung. Es ist in ihm viel Zu-
kunft vorhanden und es ist gar nicht ab-
zusehen, was er alles leisten und wirken
wird.“ Da war der so Gepriesene erst 32
Jahre alt und die großen Bücher, die ihn
als einen der einflussreichsten Männer
des 19. Jh. ausweisen sollten, hatte er
noch nicht geschrieben. Ein englischer
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