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Architextur
Eine Schamanin in Venice sagte einmal zu mir, Los Angeles sei wie Google.
Das Bild ist nicht schlecht. Auf den ersten Blick sieht man auf dem Computer-
bildschirm nur eine fast leere Seite, aber sie birgt unfassbares Potenzial. Es ist alles
da und gleichzeitig nichts. Man muss etwas wollen, etwas »eingeben«, sonst bleibt
die Seite leer. Und wenn man sich als Tourist nicht gründlich überlegt, was man
eigentlich sucht, kommen einem in Bezug auf Los Angeles nur die Dinge in den
Sinn, von denen man schon gehört hat oder die sich klischeehat laut aufdrängen:
Walk of Fame, Hollywood Sign, Disneyland oder Filmstars. Tippe ich nur solche
Begrife in die Suchmaschine, bekomme ich entsprechend eindimensionale Ant-
worten. So funktioniert diese Stadt nun einmal. Wie man hereinrut, so schallt es
heraus.
Vielleicht ist das ein weiterer Grund dafür, dass der Menschenstrom hierher
nach wie vor nicht abbricht. Man indet hier, was man sucht, oder genauer: Man
erkennt wieder, wovon man träumt.
In New York ist es fast egal, an welchem Punkt man seine Exkursion beginnt,
man wird sehr bald von einem Strom erfasst und irgendwohin gesogen, wo es et-
was Interessantes zu sehen gibt. Los Angeles funktioniert so nicht. Die Stadt un-
terliegt ungewöhnlichen räumlichen Bedingungen, folgt anderen Gesetzen und ist
keine Metropole, in der man ankommt und sich einfach treiben lässt. Ähnlich
funktioniert es mit der Architektur: War man schon einmal in Barcelona, so hat
man diese Stadt vermutlich abgespeichert als Ort mit grandiosen Bauten. Diese
oder andere europäische Städte im Kopf, unterschätzt man die Architektur in Los
Angeles und ist wieder in die Vergleichsfalle getappt. In L. A. war man nie ver-
sucht monumental zu bauen, und die baulichen Schätze von Los Angeles sind im
Verhältnis zu Barcelona auf einer Fläche verteilt, die zwölfmal so groß ist, ohne
dass es dabei einen Stadtkern gäbe, auf dem sich das Sehenswerte ballt.
Kathedralen moderner Architektur gibt es in Los Angeles trotzdem: die strah-
lende Walt Disney Concert Hall von Frank Gehry, Richard Meiers Gety Center,
das Paciic Design Center von César Pelli, der auch die spektakulären Petronas
