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Zurück in der City Hall erwartet man mich bereits oben bei den Stadtplanern.
Alan Bell weiß nicht genau, was ich will, und ich weiß es ehrlich gesagt auch
nicht. Wir reden erst einmal etwas allgemeiner über die Stadt, und ich bedaure,
mich nicht besser auf diese Begegnung vorbereitet zu haben. Wobei Alan nicht
ungeduldig ist. Als Stadtplaner im Rathaus kann man angesichts der Größe der
Stadt und der Vielzahl der Fronten nur verzweifeln oder die Ruhe eines erfahrenen
Kapitäns bewahren, sonst zieht das Herz irgendwann die Notbremse und limmert.
Alan Bell hat die nötige Ruhe, und deshalb nimmt er sich auch Zeit für das Trefen
mit mir.
Los Angeles ist nicht viel älter als 200 Jahre und damit eine extrem junge Stadt. Es
gibt wohl keinen anderen Ort auf dieser Welt, der einem derart kontinuierlichen
Menschenansturm ausgesetzt war. Diese Stadt ist nach wie vor im Werden, sie ist
ein Prozess, kein fertiges Ding. Man müsste eigentlich L. A.-ing sagen, um die
Bewegung zu verdeutlichen.
Nichts bleibt, wie es ist, und nichts ist so, wie es scheint. Der Stadteil Wats
zum Beispiel war bis 1940 den Weißen vorbehalten und entwickelte sich in den
Jahren danach zur Hochburg der afroamerikanischen Bevölkerung. Seit Beginn
der 1980er-Jahre zogen mehr und mehr Schwarze in die südlicheren Bezirke von
Los Angeles, ins San Gabriel Valley oder nach Orange County, und machten so in
Wats wiederum Platz für eine Welle hispanischer Immigranten. Heute hört man
dort fast nur noch Spanisch.
Ein weiteres Beispiel wäre das urprüngliche Chinatown, das mit Stumpf und
Stiel ausgerissen wurde, um die Union Station bauen zu können. Das neue Chin-
atown konzentrierte sich in den 1920er- und 30er-Jahren in einem Areal, das ei-
gentlich als Litle Italy bekannt war. Die Italiener zogen weg und machten Platz
für die Chinesen. Heute ist Chinatown zwar noch immer fest in chinesischer
Hand, allerdings siedelt sich dort langsam eine interessante Kunst- und Galer-
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