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Der Herrscher der Akten
Ich wusste nicht, dass Los Angeles und Berlin Schwesterstädte sind. Ich schreibe,
als ich davon höre, gleich dem dafür zuständigen Stadtrat Tom LaBonge und frage,
ob er Zeit für ein Trefen häte. Außerdem habe ich gehört, dass er einen sehr
guten Draht zur Polizei hat und der richtige Mann wäre, um mir eine Tour im
Streifenwagen zu vermiteln.
Tatsächlich bekomme ich einen Termin und fahre wenige Tage später zum
Rathaus in Downtown, der berühmten City Hall von L. A. Die Assistentin des
Stadtrats hat mir bereits einen Parkplatz im tiefsten Inneren reserviert, und überall
winkt man mich freundlich durch, weil mein Name auf irgendwelchen Listen ver-
merkt ist. Dann sitze ich auch schon im Vorzimmer, und Isaac, der eher wirkt wie
ein schwarzer Jazzmusiker als wie ein Angestellter der Stadt, fragt, ob ich okay sei.
Bin ich. Später wird sich Isaac als Toms Fahrer herausstellen. Tom bräuchte noch
zehn Minuten.
Ich beschätige mich mit den vielen Broschüren und erfahre, dass Tom LaBonge
zuständig ist für die Stadteile North Hollywood, Griith Park, Miracle Mile,
Koreatown, Silver Lake und Studio City. Er war gerade in München, um sich die
gelungene Renaturierung der Isar anzusehen, denn er unterstützt das
Friends of
L. A. River
-Projekt. Dann werde ich hereingerufen und betrete ein Großraumbüro,
das einem Film aus den 1980er-Jahren entliehen scheint. Ein langer zentraler Flur,
links und rechts Separees mit Menschen, die sich über ihre Arbeit beugen. Die
meisten wenden mir den Kopf zu, als erwarteten sie den Büroboten, der ihnen ein-
en Stapel Kopien auf den Tisch legt, und nicken mir freundlich zu.
Ich höre schon von Weitem Toms mächtige Stimme, die dem einen oder ander-
en Mitarbeiter etwas zurut. Am Ende des Flurs steht eine Art Empfangstresen,
hinter dem sich eine Dame als seine persönliche Assistentin vorstellt. Ich könne
gleich direkt durchgehen. Der Stadtrat müsse noch etwas erledigen, aber ich dürfe
mich gern schon dazusetzen. Der Raum ist mit dunklem Holz belegt und
vollgestopt mit Büchern, Wandtellern, Stadtwappen, Wimpeln. Tom sitzt hinter
einem massiven Schreibtisch und telefoniert, laut. Er gibt mir die Hand, ohne das
