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Gespräch zu unterbrechen, und deutet auf eine Sofaecke. Ein zweites Telefon
klingelt. » hese books are for you« , wendet er sich an mich, bevor er weiter tele-
foniert. Auf dem Tisch neben dem Sofa liegt ein Stapel Bücher. Frühe Karten der
Stadt, Statistiken, das historische Downtown, alte Fotobücher. In der Woche zu-
vor am Telefon habe ich gesagt, dass ich über die Entstehung der Stadt recher-
chieren wolle, und er hat diese Auswahl nun für mich vorbereiten lassen.
Endlich beendet er das Telefonat und kommt hinter seinem Schreibtisch her-
vor. Der Mann ist so groß wie der Bär. » Berlin was so good to me. I owe you
something. Sorry, not much time for talking.«
Am Telefon gerade eben hat er mit dem Stadtarchivar gesprochen, weil er
dachte, es würde mich vielleicht interessieren, in den alten Schriten her-
umzustöbern. Er hat mich als Freund aus Berlin angekündigt, Isaac werde mich
jetzt gleich ins Archiv fahren. Anschließend soll ich wieder hierhin zurückkom-
men, bis dahin habe er einen Termin oben bei den Stadtplanern für mich arran-
giert. Und die Polizei, gut, da müsse man den richtigen Moment erwischen. » See
you ! «
Und schon holt Isaac mich ab, führt mich in die Tiefgarage und setzt mich kurz
darauf am Stadtarchiv ab.
Michael weiß schon Bescheid. Er sieht aus wie eine Mischung aus Buchhalter
und Apotheker und scheint einer Kurzgeschichte von Kaka entlohen. Das mag
an seinem merkwürdigen Kitel liegen und auch an seinem leisen und konspirat-
iven Ton. Wann immer bei einem Gerichtsprozess ein Gesuch gestellt werde oder
ein Stadtrat in der Versammlung etwas beantrage, jedes Schritstück habe eine
Nummer. »Wann immer irgendwer etwas sucht, wir inden das hier«, sagt er.
Gerade hat Michael ein Rolltor hochgefahren, und wir betreten eine Halle mit
Schneisen aus haushohen Regalen. Wie viele Leute denn hier arbeiten? Nur er,
wieso? Wir gehen eine dieser vielen Aktenschluchten entlang. An jeder Akte
hängt eine Geschichte, und jede ist durch Michaels Hände gegangen, bevor er sie
nummeriert und eingeordnet hat. Ich spüre seine Begeisterung und fühle mich
ein wenig schlecht, weil ich eher mitspiele als die Euphorie zu teilen.
Das ist ein einsamer Mensch, denke ich und sehe ihn vor mir, wie er freiwillig
Überstunden macht, bis morgens um drei in der Neonbeleuchtung zwischen sein-
en Schäfchen. Als häte er endlich jemanden gefunden, der die Schönheit dieser
Welt nachvollziehen kann, seine Liebe zu den Akten, redet Michael nun immer
mehr und aufgeregter auf mich ein. Er ist der Herrscher der Files. Wir treten
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