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zu widersprechen und sie gar zu widerlegen? Ist Ethik aber dann nicht bloß ein Mittel
der Akzeptanzschaffung, wie einige argwöhnen? Antworten auf diese und weitere Fragen
finden sich in den kommenden Ausführungen. (Der interessierte Leser findet in folgender
Literatur, auf die sich auch die vorliegende Studie bezieht, vertiefende Informationen zur
Ethik: Bayertz 2006; Birnbacher 2003; Düwell et al. 2006; Pauer-Studer 2003; Quante 2003;
Stoecker et al. 2011; Vieth 2006.)
2.3.1
Was ist Ethik?
Der Frage, was Ethik ist, begegnet man am besten mit der Unterscheidung zwischen Moral
und Ethik. In der Alltagssprache sind Ethik und Moral austauschbare Begriffe; wird in
unserer alltäglichen Sprache ein Verhalten als ethisch oder unethisch bezeichnet, dann ist
damit dasselbe wie mit moralisch oder unmoralisch gemeint. Der Begriff Ethik wird dabei
oft dem Begriff Moral vorgezogen, da er weniger streng und altertümlich klingt. „Moral“
erinnert an erhobene Zeigefinger, Engherzigkeit und überholte Autoritäten. „Ethik“ dage-
gen wirkt locker, modern und aufgeklärt.
In der wissenschaftlichen Ethik hat sich jedoch eine Unterscheidung zwischen diesen
beiden Begriffen eingebürgert, die quer zum Alltagsverständnis läuft:
Moral „Moral“ wird als Synonym zu „Moralsystem“ gebraucht, d. h. unter „Moral“ ver-
steht man die in einer Gesellschaft geltenden Regeln, Wertmaßstäbe, Institutionen, Über-
zeugungen, Gefühle usw., die auf ein höchstes Sollen gerichtet sind und die vorschreiben,
wie sich die Mitglieder der entsprechenden Gesellschaft verhalten sollen. Die Moral einer
Gesellschaft besteht folglich aus der Gesamtheit der expliziten oder impliziten Antworten
auf die Frage „Wie soll ich handeln (um gut und richtig zu handeln)?“ So ist etwa das
Gebot „Du sollst nicht töten“ ein wichtiger Bestandteil unserer (und fast jeder) Moral. Da
es eine Vielzahl an Kulturräumen mit unterschiedlichen Moralvorstellungen gibt, gibt es
auch eine Vielzahl an Moralen.
Moral hat dabei eine Außen- und eine Innenseite. Die Außenseite wird gebildet durch
die Institutionen, Regeln, Normen, Sanktionen usw., die das menschliche Verhalten regeln
sollen. Die Innenseite der Moral besteht aus verinnerlichten Regeln und Überzeugungen,
die man anerkennt, für richtig hält und bejaht. Sie sind mit intensiven Emotionen verbun-
den, wie z. B. Schuld, Empörung, Scham usw. Eine typische Manifestation der Innenseite
der Moral ist das „schlechte Gewissen“.
Der Sinn der Moral liegt in erster Linie im Erhalt der Möglichkeit eines guten Mitein-
ander-Lebens; Moral ist für das Funktionieren einer Gesellschaft unabdingbar. Durch ihre
Vorschriften, Regeln, Institutionen usw. sorgt sie dafür, dass grundlegende Interessen aller
Gesellschaftsmitglieder berücksichtigt werden und die Interaktion und Kooperation aller
Mitglieder einer Gesellschaft möglichst konfliktfrei, d. h. möglichst reibungs- und verlust-
frei, vonstatten gehen. Sie stellt sicher, dass das wertvollste Kapital einer Gesellschaft - das
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