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Dessertpaläste von Istanbul gehört: das »Saray« in der Fußgängerzone: vier Stok-
werke Seligkeit. Eine Speisekarte, so dik und so bunt wie ein Weltatlas. Dabei sind
türkishe Desserts so viel mehr als nur der auh bei uns bekannte Zahntöter Baklava:
Shokolade in jedem Aggregatzustand, Pudding und Milhreis in allen Sprachen und
Dialekten der Konditorzunt durhdekliniert und mein persönlihes Suhtmitelsub-
stitut: gebakenes Helva aus Sesam, Mehl und Zuker, frish und zerließend aus dem
Rohr. Es gibt in der Türkei niht einfah bloß den Konditor. Es gibt den Helvameister
( Helvacı) , den Baklavameister ( Baklavacı) , den Milhpuddingmeister ( Muhallebici) ,
und shließlih den Tatlıcı , der Süßwaren aller Art verkaut: Einer jeden Süßspeise
die Aufmerksamkeit und Hingabe, die sie verdient.
Natürlih gibt es auh den Dondurmacı , den Eismann. In Anatolien behaupten
sie, sie häten shon immer an den Gletshern gelutsht: Ein bisshen Sirup drauf,
und fertig war das Sorbet. Die Türken sind da bloß die Letzten in der Shlange
all der anatolishen Lekermäuler, hinter Hethitern, Römern, Byzantinern. Deshalb
shmekt es ihnen aber niht weniger. Sie haben sogar ihre ganz eigene Sensation
erfunden: das Eis von Maraş. Maraş liegt am Ahır-Berg, dort, wo die Ziegen grasen
und sih über die wilden Orhideen hermahen. Die Leute von Maraş haben einfah
die Milh der Ziegen genommen und die zu Pulver zerriebenen Wurzeln der
Orhideen, fügten etwas Zuker und Zimt hinzu - und nah viel Kneten und Sh-
lagen war es plötzlih auf der Welt, das Eis von Maraş. Das ist jetzt auh shon
dreihundert Jahre her.
Etwas ganz Besonders ist das. Man isst es nämlih mit Messer und Gabel. Man
hängt es an Fleisherhaken, und wenn man lustig ist, dann zerteilt man es mit
der Kreissäge. So fest ist es. Ein wenig wie Tofee, sagen die einen. Ein wenig wie
Kaugummi, meinen die Kinder. Die haben überhaupt ihren Spaß: Ein Maraş-Eis-
Verkäufer, egal ob in Maraş oder in der Fußgängerzone von Istanbul, der verkaut
niht einfah Eis, der führt Kunststükhen vor. Kugeln und Eislöfel gibt es hier
keine, dafür ellenlange Spahteln, die graben, shaben, stehen und austeilen. Mal
trommelt der Verkäufer damit ein Solo auf den Eistöpfen, mal lötet er die Wafel
mit der Portion Datel/Shoko/Granatapfel einfah an seiner Spatel fest, die er dir
dann entgegenstrekt. Greifst zu, denkst, jetzt hast du dein Eis - reingefallen: Bevor
dein Grif sih shließt, zieht er Spahtel und Wafel blitzshnell zu sih zurük. Klebt
bombenfest. Und alle lahen auf deine Kosten. Irgendwann aber will auh er sein
Geld. Dann mahst du dih dran: Ist mehr Abbeißen und Kauen als Shleken. Aber
wilde Orhidee!
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