Travel Reference
In-Depth Information
Mahalle !« Dafür hab ih gekämpt. Das Büro hier war früher die Metzgerei meines
Vaters. Griehen, Armenier und Juden waren unsere Kunden, als ih noh Kind war.
Natürlih fehlen uns die Christen. Früher war es gut. Die Christen haben uns damals
Geshenke gekaut zum Zukerfest, und wir haben ihnen Eier geshenkt zu Ostern.
Istanbul war ein tolles Mosaik: Kirhen, Synagogen und Mosheen nebeneinander.
Jetzt sind die Christen weg, und arme Anatolier sind in ihre Häuser gezogen. Ih
inde, früher waren die Menshen warmherziger. Obwohl ih mih niht beshwer-
en möhte. Hier im Viertel ist es ja fast wie in alten Zeiten. Sehr familiär. Und diese
Ruhe. Nein, Orhan Pamuks Museum stört uns niht. Ist ja keine Kneipe.
DerHamambetreiber. Ih bin aus Tokat. Wie viele Hamambetreiber. Hier ist ein
rihtiges Nest von uns. Das hat sih so ergeben. Seit zwanzig Jahren habe ih den
Firuz-Ağa-Hamam gepahtet, der Besitzer ist ein Armenier, der in den USA lebt
und alle drei, vier Jahre mal hier nah dem Rehten shaut. Warum der andere
Hamam oben bei der Moshee shließen musste? Keiner weiß das. Na gut, die Bes-
itzer haben ungute Leute hereingelassen, das hat sie den Ruf gekostet. Jetzt wird der
Hamam wohl verfallen, wie so viele andere in Istanbul. Von zehn bis fünf ist bei uns
Frauenzeit, danah kommen die Männer. Wir haben bis ein Uhr nahts geöfnet. Die
Geshäte gehen niht gut und niht shleht. Niht mehr wie früher, das ist klar. In
den letzten zwei Stunden waren gerade mal drei Leute hier, an manhen Tagen kom-
mt gar keiner. Und dabei muss ih meinen Hamam 365 Tage im Jahr heizen, rund
um die Uhr. Es sind ja einige Europäer ins Viertel gezogen, Studenten und so. Gute
Leute, patriotisher als die Türken, das dürfen Sie ruhig glauben. Aber dann hat sih
hier viel Gesindel aus anderen Vierteln herumgetrieben, von drüben, aus Tarlabaşı
und so, hat den Fremden Angst eingejagt, sie verprügelt, sie beklaut. Jetzt trauen die
sih niht mehr vor die Tür. Ein Jammer. Vierhundertfünfzig Jahre ist unser Hamam
alt, aber wir bekommen keinen Pfennig Unterstützung vom Staat. Einmal haben wir
demonstriert, mehrere Hamambetreiber zusammen, und waren in der Zeitung. Da
hat die Regierung gesagt: Ihr shwärzt uns bei den Ausländern an. Mir haben sie da-
rauhin den Brunnen weggenommen, aus dem der Hamam seit Jahrhunderten sein
Wasser bezieht. Seither muss ih fürs Wasser extra bezahlen.
Die Griehin. (Öfnet die Tür.) Nein, wir verkaufen unser Haus niht! Ah so,
reden möhten Sie? Aber Sie werden meinen Namen doh niht in die Zeitung
shreiben, oder? Jetzt werden Sie in der Stadt kaum noh einen Griehen inden. Die
Search WWH ::




Custom Search