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tutemitzweitausendStudentenundAngestelltenindieStadtholen,erwünschtesichauchinter-
nationale Begegnungsstätten, es ging um zweihundertfünfzig Millionen Euro. Die Hochschulen
in Ústí und Prag winkten ab, »das war ein größenwahnsinniges Projekt«, wie Růžena Čechová
meint. Auch ein Plan der Bezirksverwaltung für ein europäisches Holocaust-Mahnmal nach Art
der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem ging ins Leere, denn eine Gedenkstätte und Museen
gibtesjaschon.FrühereProjektefüreinArmeearchivodereinLiteraturinstitutsindebenfallsges-
cheitert.
In kleinerem Maßstab ist es jetzt gelungen, etwas in Bewegung zu setzen: Seit Kurzem wird
in Theresienstadt gebaut. Zwanzig Millionen Euro stellten die EU und das tschechische Kultur-
ministerium für die Renovierung einer Kaserne, des historischen Reitstalls und zweier weiterer
Gebäudebereit.DortsolleneinInformations-undVeranstaltungszentrumsowieeinArtilleriemu-
seumunterkommen.InderKasernenimmtaußerdemdasEuropäischeInstitutfürdasVermächt-
nis der Shoah seinen Sitz, das 2009 bei einer Konferenz von dreiundvierzig Staaten in Prag
gegründetwurde.EssolldenWegvonKunstwerkenundanderenBesitztümernklären,dieJuden
von den Nazis geraubt wurden und die immer noch den wahren Eigentümern vorenthalten wer-
den. Zudem will es helfen, bedürftige Opfer der NS -Verfolgung im Alter zu unterstützen. Als
weitereswichtigesProjektentstehtinderKasernedasEuropäischeStudien-undBegegnungszen-
trum Leo Baeck, das auf die Initiative des in Berlin ansässigen Vereins der Freunde und Förder-
er von Theresienstadt/Terezín zurückgeht und vom Land Brandenburg unterstützt wird. Lehrer,
Polizisten und Justizbedienstete aus Tschechien und Deutschland sollen dort die Möglichkeit zur
Weiterbildung über die NS -Zeit haben.
Für die Bürgermeisterin und ihre Bürger sind dies bedeutende Impulse. Sie wirken dem neg-
ativenTrendentgegen,derimmerneueZeichensetzt.ImFebruar2011hatdieTschechischeSpar-
kasseihreZweigstelleinTheresienstadtgeschlossen,jetztgibtesnurnocheinenBankautomaten.
Die Stadt hat eine Reihe kleiner Geschäfte und Handwerksbetriebe, auch mehrere Kneipen und
Hotels, aber es gibt »keine Perspektive«, wie die Apothekerin Zuzana Chlebna meint. Der rege
Tourismus spiegele sich nicht im Leben der Stadt wider, sagt die Geschäftsfrau, die seit Jahren
rückläuige Umsätze verzeichnet. 2012 geht die Achtundfünfzigjährige in Rente, die Zukunft der
Apotheke ist ungewiss.
Jan Munk, der Leiter der Gedenkstätte, ist überzeugt, dass die Probleme Theresienstadts sich
»nur sehr langsam und stufenweise lösen lassen« und dass der Ort langfristig »seinen Platz auf
der Landkarte Tschechiens und Europas inden wird«. Auch Bürgermeisterin Růžena Čechová
wirft trotz all der Bedrückung und Bedrängnis, die ihrem Auftreten anzumerken ist, die Flinte
nicht ins Korn. »Ich glaube, dass es besser wird«, sagt sie entschlossen. »Ich muss.«
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