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wa ein Jahr nach der Besetzung durch
Deutsche und Italiener gelang es den
Korsen, die Besatzer wieder zu verja-
gen; damit wurde Korsika zum ersten
von den Nationalsozialisten befreiten
Teil Frankreichs.
Diese emotionale „Gemeinsamkeit“
zwischen Franzosen und Korsen hätte
nach Meinung vieler eine einmalige
Chance sein können, den internen
Konflikt in ein konstruktives Miteinan-
der umzuwandeln. Aber beide Seiten
ließen die Chance ungenutzt verstrei-
chen. Zu unterschiedlich schienen die
Interessen und wahrscheinlich auch
die Mentalitäten. Korsika misslang es
erneut, mit der wirtschaftlichen Ent-
wicklung Nachkriegsfrankreichs Schritt
zu halten.
Als Frankreich Probleme mit seinen
nordafrikanischen Kolonien bekam
und sie nach und nach in die Unab-
hängigkeit entlassen musste, repatri-
ierte man Nordafrikaner, darunter
viele korsischstämmige, auf Korsika.
Etwa 17.000 kamen auf die Insel und
siedelten vor allem im Süden und Süd-
osten. Ihnen wurden großzügige Start-
hilfen vom Staat gewährt. Bald kam es
zu gewaltsamen Ausschreitungen der
Korsen gegen die neuen Siedler, de-
nen gegenüber sie sich benachteiligt
fühlten ( Exkurs: Der Konfikt um Kor-
sikas „pieds noirs“).
Ende der 1960er Jahre kam es zu ei-
ner Reaktivierung des korsischen
Widerstands. Möglicherweise wurde
er durch eine Rückbesinnung auf die
eigene Nation, auf korsische Werte
und Traditionen in Verbindung mit der
schlechten wirtschaftlichen Lage nach
dem Ende des Zweiten Weltkriegs
ausgelöst, verstärkt dadurch, dass
Frankreich in dieser Zeit andere Sor-
gen hatte, als sich um die Belange Kor-
sikas zu kümmern. Die Pariser Zentral-
regierung war weit weg, zu weit, um
sich ein Urteil über Korsika erlauben
zu können, wie ihr oft noch heute vor-
geworfen wird.
Unmut erregte neben der Arroganz
mancher französischer Politiker auch
der Umstand, dass die (Wieder-)Ent-
deckung Korsikas durch den Touris-
mus zu beträchtlichen Bau- und Im-
mobilienspekulationen führte, im Zu-
ge derer sich finanzkräftige Festlands-
franzosen und andere „Europäer“ mit
Bauland, Häusern oder Ferienanlagen
eindeckten. Dadurch blieb ein be-
trächtlicher Teil des im Tourismus er-
wirtschafteten Umsatzes nicht auf Kor-
sika, sondern floss in die Hände der
Besitzer vom Festland. Etwas Anderes
trägt ebenso zur Schräglage der korsi-
schen Wirtschaft bei: Das Land kann
sich nicht selbst versorgen und ist auf
Importe angewiesen. Nur magere
15 Prozent der Importe werden durch
eigene Exporte kompensiert - der er-
drückende Rest schlägt sich in einer
negativen Handelsbilanz nieder.
1967 wurde die ARC, die Action Ré-
gionale Corse, gegründet, die erste
korsisch-nationalistische Separatisten-
organisation, die damit begann, ge-
zielt Anschläge auf nicht-korsische Ein-
richtungen auf der Insel zu verüben.
Nachdem Frankreich durch diese Ak-
tionen in politische Erklärungsnot ge-
riet, erhielt Korsika 1970 offiziell eine
„Regionalautonomie“. In dieser wur-
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