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Amtssprache eingeführt, die Verwal-
tungsstruktur französisch organisiert,
die korsische Sprache an Schulen ver-
boten und zurückgedrängt. Tröstlich
bleibt allerdings, dass kulturelle Unter-
drückung auf Korsika noch keiner Be-
satzungsmacht wirklich gelungen ist.
Auch Frankreich bildet dabei keine
Ausnahme. Das Korsische wurde in
den Familien weiter gesprochen und
hat die dunklen Jahre der Unter-
drückung überdauert.
Die Maßnahmen, die auf die Ver-
besserung der korsischen Wirtschaft
abzielten, waren zum Scheitern verur-
teilt, weil sie französische, nicht aber
korsische Verhältnisse zugrunde leg-
ten. Korsika verlor den Anschluss an
Europa weitgehend, seine Produkte
waren im Export kaum absetzbar und
zu teuer. Die Armut auf der Insel
nahm im 19. Jahrhundert dramatische
Ausmaße an. Schließlich brach auch
der Weinbau bedingt durch Rebkrank-
heiten ein. Vielen Korsen blieb nur
noch die Flucht. Eine große Emigra-
tionswelle entvölkerte die Insel. Die
meisten flohen nach Marseille, die
nächste bedeutendere Hafenstadt,
und versuchten dort Arbeit zu finden.
Noch heute ist Marseille die größte
„korsische Stadt“; dort leben mehr
Korsen als in Bastia und Ajaccio. Viele
Korsen traten in den französischen
Verwaltungsdienst ein und lebten
fortan in den nordafrikanischen Kolo-
nien des Mutterlandes. Andere Flucht-
ziele waren Italien, Zentralamerika
(Costa Rica), aber auch Nord- und
Südamerika. Bis nach dem Zweiten
Weltkrieg hielt die Emigration an. Etwa
200.000 Korsen wanderten zwischen
1860 und 1960 aus.
Das 20. Jahrhundert,
die korsische Wider-
standsbewegung und
Gegenwartspolitik
Auch im 20. Jahrhundert hatte Frank-
reich nicht viel Freude an seiner Mittel-
meerinsel. Neben der Abwanderung
mussten die Korsen einen übermäßig
hohen Blutzoll verkraften, den ihnen
der Erste Weltkrieg aufzwang: Etwa
15.000 korsische Soldaten fielen in
französischem Waffendienst.
Nach dem Ersten Weltkrieg gab es
auf Korsika buchstäblich nichts, nicht
einmal etwas, das man wieder hätte
aufbauen können, denn eine Industria-
lisierung wie in den meisten Regionen
des übrigen Europas hatte auf Korsika
nie stattgefunden. Der erneute wirt-
schaftliche Niedergang der Insel wur-
de, nach fast 100 Jahren weitgehender
Ruhe, mit politischen Unruhen beant-
wortet. Kämpfe zwischen der französi-
schen Gendarmerie und korsischen
Freischärlern waren die Folge.
Doch der Schwelbrand wurde nicht
zum Flächenbrand: der Zweite Welt-
krieg kam dazwischen. Deutsche und
Italiener besetzten 1942 mit fast
100.000 Soldaten die Insel. Plötzlich
hatten Franzosen und Korsen einen
gemeinsamen Feind, der korsische
Widerstand und die französische
Résistance arbeiteten zusammen! Et-
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