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Roman, der dasselbe Thema vorweggenommen hat: I viceré (Die Vizekönige) von Federico
De Roberto, erschienen im Jahr 1894. Sehr stark veristisch[ 17 ] geprägt, erzählt der
Roman die Geschichte der Familie Uzeda. Einem Freund, dem er sein Vorhaben im
Vorfeld schilderte, umriss De Roberto ihn so: «Die Geschichte einer großen Familie, die
sich aus vierzehn oder fünfzehn Typen zusammensetzen wird, Männer und Frauen, einer
stärker und kauziger als der andere. Der erste Titel war Vecchia razza [Alte Rasse]; das
zeigt dir schon die eigentliche Absicht, die in der Beschreibung des physischen und
moralischen Verfalls eines abgehalfterten Stammes besteht.»
Das Geschehen, in das mehrere Generationen involviert sind, endet mit der Geschichte
Consalvo Udezas, Sohn des Prinzen Giacomo XIV., der eine politische Karriere einschlägt
und, obwohl im tiefsten Herzen ein stolzer bourbonischer Reaktionär, angesichts des
allgemeinen Klimas so tut, als habe er linke Ideen, und dem es auf diese Weise gelingt,
sich als Abgeordneter ins Parlament wählen zu lassen. «Biege dich, Schilf, damit das
Hochwasser vorbeigeht», heißt es in einem sizilianischen Sprichwort, das diesen
Seelenzustand sehr genau trifft.
Nicht alles ist so, nicht alle sind so. Die Tatsache aber, dass dieser Charakterzug von der
Literatur immer wieder aufgegriffen wird, bei Pirandello, bei Verga, bei Sciascia und
natürlich auch bei Tomasi di Lampedusa, offenbart ein Symptom. Salvatore Savoia, der
über die Geschichte Siziliens und ihre Wechselfälle geforscht hat, stellt im Vorwort seiner
Biografie Giuseppe Tomasi di Lampedusa fest, dass die Einheit Italiens auf der Insel zu
Anfang einigen Enthusiasmus ausgelöst habe. Sehr rasch aber «sollte die Illusion von der
wundersamen Erlösung in Scheitern übergehen oder von der Geschichte zumindest bis zur
Unkenntlichkeit verkleinert werden. Und Sizilien, ahistorisch im Laufe seiner gesamten
Geschichte, jahrhundertelang stets dem jeweils diensthabenden Herrscher applaudierend,
im Grunde skeptisch und gleichzeitig tausendmal bereit, sich neue Illusionen zu erfinden,
sollte erstarrt bleiben, eben unerlösbar. Seit jeher, vielleicht für immer. Jedenfalls bis
heute.»
 
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