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also von schwerer Arbeit und nicht von Intrigen, Hochstapelei und Betrug leben, wie der größte Teil dieser
Bevölkerung.
In einer Stadt, in der der Dichter «Intrige und Hochstapelei» vorherrschen sieht (womit er
nicht der Einzige gewesen ist), sucht er sich für seine Erzählung diejenigen aus, die er in
einem ruhigen, den «nützlichen Berufen» zugewandten Leben verortet, Personen, deren
Existenz sich «auf das Wahre und nicht das Falsche gründet». Das ist eine bewusste
Entscheidung, denn die große Bühne Rom bietet von allem etwas.
In seinen 2279 Sonetten beschäftigt sich der oben bereits erwähnte Giuseppe Gioachino
Belli weder mit den Literaten noch mit der Bourgeoisie. Er beschreibt ausschließlich das
gemeine Volk von Rom, und will dieser Plebs, seiner ungehobelten und verdorbenen
Sprache, wie er sagt, sogar ein Denkmal setzen. In der Einführung zu seinen Sonetti
schreibt er: «Nicht züchtig und nicht fromm, sondern bigott und abergläubisch wird Inhalt
und Form sich zeigen. Aber so ist das Volk und dieses kopiere ich; weit entfernt, ein
Muster aufstellen zu wollen, entwerfe ich nur ein getreues Bild von etwas Bestehendem,
das obendrein ohne Hoffnung auf Besserung sich selbst überlassen ist.»[ 3 ] Diese arme
Plebs, die «ohne Hoffnung auf Besserung sich selbst überlassen ist», ist die andere Seite,
das Gegenstück in Moll zur rückständigen, abergläubischen, sehr unwissenden und weder
züchtigen noch frommen Bourgeoisie, die Giacomo so sehr missfiel. Am
16. Dezember 1822 schreibt er an Carlo:
Der Kardinal Malvasia b.m. [di beata memoria] legte den Damen bei der Konversation die Hand auf die Brust, er
war ein unverbesserlicher débauché [Lustmolch], der die Gatten und Söhne derer, die Widerstand leisteten, in
die Inquisition schickte etc. etc. Ähnliches kann über den Kardinal Brancadoro gesagt werden, Ähnliches über
sämtliche Kardinäle (die widerwärtigsten Menschen der Erde), Ähnliches über sämtliche Prälaten, von denen
keiner Karriere macht, es sei denn mit Hilfe der Frauen. Der Heilige Papst Pius VII., der sein Kardinalsamt und
die Papstwürde einer Koketten aus Rom verdankt …, vergnügt sich jetzt damit, über die Liebschaften und
Lüsternheit seiner Kardinäle zu plaudern … Durch ihn kam die Tochter von was weiß ich welchem Künstler,
vormals Lebzelterns Maitresse, in den Genuss einer Pension von achthundert Scudi im Jahr, und das bis heute
… Die Magatti, Calcagninis berühmte Hure, kriegt 700 Scudi Pension von der Regierung.
Hier allerdings handelt es sich nicht um Eindrücke, sondern um Fakten. Dass die
Favoritinnen der Kardinäle (oder anderer Mächtiger) ihre «Pension» im Bett verdienten,
 
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