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täglich statt. Meist treffen sie sich in den Studios zweier Freunde Gabrieles: bei Guido
Boggiani in der Via San Nicola da Tolentino und bei Francesco Tosti in der Via de'Prefetti.
In mindestens drei Werken Gabriele D'Annunzios findet diese Liebesbeziehung ihren
Niederschlag, aber auch schon im ersten Buch der Elegie Romane (Römische Elegien) geht es
darum, und zwar gleich im ersten Gedicht Il Vespro (Der Abend):
Verlassen hatt' ich der Geliebten Haus, wie trunken.
Ich fühl' den süssen Rausch noch heute, im Drandenken.
Aufwärts schritt ich die Strasse, die vom Tageslärme
noch dröhnt: Lastwagen knarren, rohes Rufen rings.
Da plötzlich brach aus meiner tiefsten Brust empor
ein neu Begehren …
Gewaltig blies aus seinen Backen der Triton
die Wassersäulen, liess in Flammen sie erglüh'n.
Umzuckt von Blitzen, ganz in Purpurlicht getaucht,
ragt auf zum Firmament das Schloss der Barberini.
Ein Zauberschloss erschien mir's; meiner neuen Liebe
der hohe Herrschersitz: oh welche Flammenliebe!
Flammende Liebe, süsseste Wollust, endloses Schwelgen,
Kraft über jede Menschenkraft, ein volleres Leben![ 14 ]
Hier hat der Palazzo Barberini seinen Auftritt, derselbe, in dem die erotische Beziehung
der beiden Helden von Il piacere, Andrea Sperelli und Elena Muti, ihren Anfang nimmt.
Züge sowohl von Barbara Leoni als auch von Olga Ossani fließen in die Romanfigur Elena
ein. In einem Brief an Barbarella schreibt D'Annunzio:
Wenn ich an die Küsse zurückdenke, die ich Dir auf dem ganzen Körper gegeben habe, auf den kleinen
hochgereckten Busen, auf den Bauch, der so vollkommen ist wie bei einer Jungfrauenstatue, auf die Rose, die
heiß und lebendig und sanft an den Lippen ist wie dein Mund, auf den Schenkel, der die Weichheit und
Geschmeidigkeit von Samt und den Geschmack einer köstlichen Frucht hat, auf die Knie, die du mir, Dich
windend und lachend, vergeblich streitig machen wolltest, und in die Kniehöhle, die so fein und frisch und
kindlich ist, und auf den ganz und gar mit vergoldeten Schönheitsflecken bedeckten und von einer Furche
durchzogenen Rücken, an dem meine Zunge liebkosend schnell und feucht entlangfuhr und auf die Lenden und
auf die Hüften von bewundernswerter Schönheit, und auf den Nacken und in die Haare und auf die langen
Wimpern und auf den Hals, wenn ich an diese ganze Welle der Freude zurückdenke, die mich überkommt, wenn
ich dich nur nackt ansehe, fühle ich, wie ich erschauere und erglühe und erzittere.[ 15 ]
Eine der ersten Begegnungen zwischen Andrea und Elena im Roman spielt sich in einer
ganz ähnlichen Atmosphäre ab: «Mir scheint», sagte sie mit geschlossenen Augen, «als
wären die Poren meiner Haut wie eine Million kleiner Münder, die sich nach dem deinen
sehnen, die danach schmachten, auserwählt zu werden und einer auf den anderen neidisch
sind …» Und umgehend macht er sich daran, sie mit schnellen, dichten Küssen zu
 
 
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