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Die Ossani, eine Journalistin aus Neapel, die unter dem Pseudonym Febea schrieb, war
einige Jahre älter als Gabriele (sie war einundzwanzig, als er sie kennenlernte) und
berühmt für ihre Schönheit, vor allem für die Besonderheit, dass sie bereits mit zwanzig
Jahren vollkommen graue Haare hatte, die zur Frische und Jugendlichkeit ihrer Züge und
der Lebhaftigkeit ihres Blickes einen aparten Kontrast bildeten. Die beiden unterhielten
eine heftige, aber kurze Liebesbeziehung, die bereits am 25. März 1885, vier Monate nach
ihrem Beginn, endete. Schon diese kurze Periode reichte ihr aus, um zu begreifen, dass sie
die Ausflüchte und Winkelzüge einer heimlichen Liaison nicht ertragen konnte.
Für Edmondo De Amicis war die Schule der Lebensbereich, den er schöpferisch in
Literatur verwandelte, für Gabriele D'Annunzio waren es die Frauen. Die dritte in
unserem Zusammenhang bedeutsame Beziehung ist die mit Elvira Natalia Fraternali, die
er am 2. April 1887 bei einem Konzert in der Via Margutta kennenlernte. Elvira war
Pianistin, eine sehr kultivierte Frau, die den Dichter auch als Intellektuelle beeindruckte.
Was ihre Beziehung ausmachte, waren aber weniger die gemeinsamen kulturellen
Interessen als die totale sinnliche Übereinstimmung. Elvira, die er in Barbara oder
Barbarella umtaufte, war die Frau, die D'Annunzio unter den vielen Frauen seines Lebens
sicher am meisten liebte oder begehrte, die jedenfalls seinen erotischen Vorlieben am
meisten entsprach. Belegt ist das durch die unablässige Korrespondenz zwischen den
beiden (mehr als tausend Briefe). Elvira wurde 1862 geboren und war damit ein Jahr
älter als Gabriele. Drei Jahre bevor sie ihn kennenlernte, hatte sie den Bologneser Ercole
Leoni geheiratet, einen Grafen von zweifelhafter Herkunft, von dem sie sich schnell
wieder trennen sollte, auch wegen einer unangenehmen Geschlechtskrankheit, mit der er
sie angesteckt hatte.
Als die Verbindung zwischen Leoni und D'Annunzio offenkundig wird, versucht der
Graf, der nicht mehr ganz bei Sinnen ist - mehr aus beleidigtem Stolz allerdings als aus
Eifersucht -, seine Frau zurückzugewinnen, indem er sie zum Geschlechtsverkehr zwingt
und dabei den Verlust seiner Ehre in Kauf nimmt. Von dieser Beziehung, hin- und
hergerissen zwischen gegensätzlichen Spannungen, von solchen Gewalttaten sind in Il
piacere deutliche Spuren zu finden.
Zwischen April und Juni 1987 finden die Schäferstündchen mit der Geliebten beinahe
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