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wimmelt: Männer, die durch den echten oder metaphorischen Kugelhagel gehen, ohne den
geringsten Schaden zu nehmen, einfach weil sie sich über die Situation nicht im Klaren
sind.
Den «laizistischen» Geist der verhinderten Mandragola findet Strehler in der Spielzeit
1962-63 wieder, nun nicht mehr in komödiantischer Boccaccio-Manier, sondern in der
Tragödie, mit der Inszenierung von Brechts Leben des Galilei und wieder mit dem
Schauspielgiganten Tino Buazzelli in der Titelrolle, der schon den Schweyk gegeben hatte.
Vor der Premiere hatte sich eine gespannte Erwartung aufgestaut, und wieder einmal
waren vor allem von katholischer Seite Polemiken losgebrochen worden. Strehler hatte
sorgfältig auf jedes Detail geachtet: Bühne und Kostüme von Luciano Damiani, Musik -
wie schon bei der Urauffühung 1943 in Zürich - von Hanns Eisler, Masken von Donato
Sartori. In der italienischen Nachkriegszeit hat es nur zwei Regisseure gegeben, deren
Werke mit einer solchen Spannung erwartet wurden: Strehler für das Theater und Fellini
für den Film. Die Sonntagszeitung «Domenica del Corriere» widmete der Aufführung am
Vorabend der Premiere eine ihrer großen illustrierten Seiten. Auch Paolo Grassi hatte ein
wenig nachgeholfen. Obwohl er stets ein Auge auf die Einnahmen hatte, hielt er diesmal,
um die Proben nicht zu gefährden, das Theater 43 Tage lang geschlossen. Das hatte vorher
noch nie jemand getan - und ich glaube, auch nachher nicht. Es hat sich gelohnt. Für mich
gehört Vita di Galileo von allen Theaterstücken, die ich im Laufe meines Lebens - im In-
und Ausland - gesehen habe, zu den zehn, von denen ich sagen kann, sie sind
bahnbrechend gewesen.
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