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ihm so viele Dolchstiche zu versetzen, wie er noch Anzeichen von Leben zeigte. Das am weitesten zum Platz
liegende Fenster wurde geöffnet, und von dort aus zeigten der Anguissola und der Landi dem «Freiheit» und
«Kaiserreich» gröhlenden Volk den Leichnam und warfen ihn anschließend in den Graben. Nachdem diese
Tragödie vorbei war, wurden die Kaiserlichen, die in der Nähe gewartet hatten, in die Stadt geführt, und am
Tag darauf nahm sie D. Ferrante Gonzaga für [seinen Sohn] Cesare in Besitz.
Es war also ein politischer Mord, gefolgt von einem Fenstersturz. Die Verschwörung war
von Don Ferrante Gonzaga, dem Gouverneur von Mailand, angezettelt worden, der
kurzen Prozess machte, um aus dem Weg zu räumen, wer ihm lästig war. In diesem Falle
war es vor allem Kaiser Karl V., der sich von Pier Luigi belästigt fühlte. Als getreuer
kaiserlicher Untertan hatte Don Ferrante Gonzaga nicht gezögert, Anguissola für die
Ausführung des Mordes zu rekrutieren, und durch dessen Vermittlung weitere Adelige der
Stadt. In den Städtischen Museen von Piacenza, im Farnese-Palast, stellt ein Gemälde von
Lorenzo Toncini aus dem 19. Jahrhundert den Moment des Mordes dar, in dem der schon
mehr tot als lebendig auf dem Boden liegende Herzog von Dolchen durchbohrt wird. Das
Licht, die Farben, das Gebaren der Akteure erinnern schon stark an die gemalten Kulissen
der Melodramen, in denen Giuseppe Verdi sein Genie austoben wird.
Dennoch werden die Farneser mehr als zwei Jahrhunderte lang (bis 1773) in diesem
Territorium ihre Herrschaft ausüben. Auf ihre Weise, gemessen natürlich an den
Bedingungen und Gepflogenheiten ihrer Zeit, regierten sie nicht schlecht: Sie förderten die
Reorganisation des Staatswesens, die Gründung einer Universität, die Neustrukturierung
der Justizverwaltung. Nach ihnen war die Geschichte des Herzogtums von wechselhaften
Ereignissen geprägt, die es mal in die Arme der konservativsten Restauration trieben, mal
in die der radikalsten Aufklärung mit dem Ausschluss der Jesuiten, der Beschlagnahmung
von Kirchenbesitz und der Abschaffung der Kirchentribunale.
Doch die Phase, die für die Entwicklung der Stadt prägend sein sollte, war die
dreißigjährige Herrschaft jener jungen Frau, deren Name bereits einige Zeilen zuvor
genannt wurde und die von der Geschichte zugleich priviligiert und erniedrigt worden
war. Geboren in Mozarts Todesjahr 1791, war sie die Erstgeborene Franz' I., des späteren
Kaisers von Österreich.[ 3 ] Sie erhielt die Namen Maria Ludovica Leopoldina Franziska
Therese Josepha Lucia von Habsburg-Lothringen: Eltern und Großeltern, alle im Namen
vertreten. Als Achtzehnjährige war sie, virgo intacta, mit dem vierzig Jahre alten Napoleon
verheiratet worden, zur Besiegelung des Friedens zwischen den beiden Ländern nach der
 
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