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Lombardei dienen sollte.
Sie hat eine seltsame Geschichte, die Familie Farnese, die einen der schönsten
Renaissancepaläste Roms besaß, heute Sitz der Französischen Botschaft. Ursprünglich war
sie, wie Gregorovius in seinen Wanderjahren in Italien vermerkt, nichts als «eine kleine
Dynastie von raublustigen Landbaronen in Etrurien»,[ 2 ] also im oberen Teil Latiums. Wir
können uns Schafherden, Milch, Käse, karge Äcker vorstellen, die Patrizierresidenz
umgeben von Elendshütten mit schlecht ernährten Kindern und von brotloser Arbeit
verschlissenen Leben. Giulia Farnese war eine der größten Protagonistinnen des Wandels.
Sie war ein bildhübsches Mädchen und trug entscheidend zum Aufstieg ihrer Familie bei,
die in eine Geschichte einging, in der, so seltsam es klingen mag, auch Parma eine Rolle
spielte: obskure italienische Begebenheiten und Konstellationen mit ihrer einzigartigen
Mischung aus amouröser Begierde, Geld, Macht, Intrigen, unehelichen Kindern,
persönlichen Vorlieben.
Pier Luigi Farnese war, wie gesagt, ein unehelicher Sohn. Sein Vater Alessandro Farnese
hatte ihn, als er noch Kardinal war, mit der römischen Edelfrau Silvia Ruffini gezeugt, mit
der er noch drei weitere Kinder hatte. Abfällig pflegte ihn die Piacentiner und Parmaer
Aristokratie «Bastard des Papstes» zu nennen, was sein Regierungshandeln sicher nicht
erleichterte und seine Unnachgiebigkeit noch steigern sollte. Die Unnachgiebigkeit, die
Tizian in seinem berühmten Porträt so großartig eingefangen hat, war seine
hervorstechendste Charaktereigenschaft. Er nahm dann auch ein schlimmes Ende, wie uns
Lorenzo Molossi in seiner überaus detailgenauen Chronik erzählt. Damit kommt nun zum
ersten Mal in dieser Geschichte auch der Name Marie-Louise Herzogin von Parma,
Piacenza und Guastella, ehemalige Kaiserin der Franzosen, ins Spiel. Auf ihre ebenso
spannende wie rührende Geschichte kommen wir gleich zurück, im Augenblick genügt es
uns zu wissen, dass es Marie-Louise war, die 1832 den Wirtschaftswissenschaftler und
Geographen Molossi beauftragte, ein topografisches «Vokabular» ihrer Herzogtümer zu
verfassen, genau genommen aber eine Geschichte dieser Orte, mit ihren Geschichten. Pier
Luigis klägliches Ende wird hier so erzählt:
An jenem fatalen Tag, dem 10. September 1547, an dem sich Pierluigi in der alten Zitadelle von Piacenza
aufhielt, wurden die Wachposten überwältigt, die wenigen deutschen Gardisten von den Verschwörern
festgesetzt, einige getötet. Resolut trat der Conte Anguissola in das Zimmer, in dem sich der Herzog aufhielt, um
 
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