DUCHESSA DI PARMA - Die Geheimnisse Italiens - page 130

österreichischen Niederlage 1809 bei der Schlacht von Wagram. Nur ungern zog sie nach
Paris. An den Höfen Europas war der Korse Napoleon, ein durch Staatsstreich auf den
Thron gelangter Parvenu, als Scheusal verschrien, als gewalttätiger Kerl bäurischen
Geblüts und von einer Insel stammend, die als halbe Wildnis galt. Zweimal war der Mann,
der sich widerrechtlich einen Kaiserthron angeeignet hatte, bewaffnet in Wien
einmarschiert (1805 und 1809) und hatte den gesamten Hof genötigt, im fernen Ungarn
Zuflucht zu suchen. Überdies konnte Marie-Louise nicht vergessen, dass weniger als
zwanzig Jahre zuvor dasselbe Volk ihre Großtante Marie Antoinette - vom Volksmund
«die österreichische Hündin» genannt - aufs Schafott geschickt hatte. Dennoch wird sie
nach Paris gehen und Napolen den Sohn gebären, den seine erste Frau Joséphine ihm
nicht hatte schenken können.
Mit fünfundzwanzig Jahren nahm sie das Großherzogtum von Parma, Piacenza und
Guastello in Besitz. Was es sie gekostet hatte, dies zu erreichen, infolge welch
dramatischer Verkettung von Ereignissen, das ist eine der aufregendsten nicht nur
politischen, sondern auch persönlichen Geschichten dieses Jahrhunderts. So extrem waren
diese Ereignisse, so rasant das Tempo, in dem sie sich überstürzten, dass sie kaum wahr
zu sein scheinen.
Marie-Louise oder Maria Luigia, wie sie in Italien genannt wurde, kam an einem Tag
Mitte April in die Stadt, am 18. des Jahres 1816. Für ihre fünfundzwanzig Jahre - das
kann man sagen - hatte sie schon einiges erlebt. Am 7. März war sie in Wien
aufgebrochen, man kann also auch sagen, dass es eine sehr gemächlich zurückgelegte
Reise gewesen ist, selbst wenn man die Transportmittel der damaligen Zeit bedenkt. Sie
hatte sich Zeit gelassen, denn von Parma erwartete die junge Frau das Schlimmste, einer
Provinzstadt, in der (schrieb sie ihrem Vater, dem Kaiser von Österreich), «wie man sagt,
keine Ressourcen, keine Sozietät und keine gebildeten und wenig brave Frauen sind».[ 4 ]
Ein hartes Urteil, das sie kurze Zeit später aus persönlicher Erfahrung bestätigen wird:
«Die hiesige Gesellschaft übertrifft alle Begriffe von Langeweile, die man sich machen