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erwiesen sich als Flop; jahrzehntelang wurde kaum in den Sektor investiert.
Erst Lula förderte wieder massiv die Entwicklung des Biotreibstoffs. Dank steu-
erlicher Anreize entwickelte die brasilianische Niederlassung des Bosch-Kon-
zerns zusammen mit Volkswagen do Brasil einen Motor, der sowohl mit Benzin
als auch mit Alkohol oder einem Gemisch aus beidem betrieben werden konnte.
Diese sogenannten »Flex-Motoren« standen konventionellen Benzin-Motoren
nicht nach, mittlerweile werden alle in Brasilien produzierten Fahrzeuge mit ih-
nen ausgestattet. Die Regierung subventionierte den Anbau von Zuckerrohr, in
keinem anderen Land sind Technologie und Forschung bei Biotreibstoffen so
weit entwickelt. Lula prahlte, dass sich Brasilien innerhalb weniger Jahre in ein
»grünes Saudi-Arabien« verwandeln werde. Im Jahr 2006 verkündete er, das
Land sei erstmals »autonom«, was die Energieversorgung betrifft.
Sechs Jahre später war davon keine Rede mehr. Die Regierung importiert via
Petrobras so viel Benzin wie nie zuvor, zugleich durchleben die Ethanolprodu-
zenten die schlimmste Krise seit Jahren.
Kurz nach der Bekanntgabe der Tiefsee-Ölfunde hatte die Regierung die Sub-
ventionen für die Biotreibstoffe gekürzt und setzte wieder verstärkt auf Benzin.
Sie plant den Bau mehrerer Raffinerien und eines riesigen petrochemischen
Komplexes in Itaboraí bei Rio de Janeiro. Eine der Raffinerien soll in Zusam-
menarbeit mit der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA entste-
hen, das hatte Lula mit dem damaligen venezolanischen Staatschef Hugo Chá-
vez vereinbart. Die Projekte kamen nicht voran.
Gleichzeitig hat die Nachfrage nach Benzin stark angezogen. Die Anzahl der
Autos in Brasilien hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt; die Re-
gierung heizte die Nachfrage durch billige Kredite und Subventionen für die Au-
toindustrie an. So wurde sie allerdings auch gezwungen, mehr Benzin zu impor-
tieren.
Die Preise auf dem Weltmarkt steigen, aber die Regierung gab die Preiserhö-
hungen nicht an die Verbraucher weiter, das hätte die Inflation angeheizt. De
facto subventioniert sie seit einigen Jahren den Benzinpreis - und drückt damit
den Verkauf von Ethanol, das mit den verbilligten Benzinpreisen nicht mithal-
ten kann.
Langfristig sehen die Perspektiven für Brasiliens Wirtschaft dennoch nicht
schlecht aus. Ein Sektor hat sich als sehr robust erwiesen: die Agroindustrie.
Nur knapp ein Drittel des brasilianischen Territoriums von 851 Millionen Hek-
tar wird bislang landwirtschaftlich genutzt, vor allem zur Viehzucht. Fünf Pro-
zent wird mit Getreide oder Zuckerrohr bepflanzt. »Wir können die Agrarpro-
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