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duktion mühelos verdoppeln«, schwärmte der frühere Landwirtschaftsminister
Reinaldo Stephanes mir gegenüber.
Innerhalb weniger Jahre hat sich das Riesenland zu einer Agrarsupermacht
gemausert. Brasilien ist Spitze beim Export von Fleisch, Soja, Kaffee, Zucker
und Orangensaft. Bei Mais und Weizen verzeichnen die Brasilianer seit Jahren
Rekordernten.
Die hohen Weltmarktpreise haben bewirkt, dass brasilianische Farmer erst-
mals Weizen und Milch exportieren. »In den Schwellen- und Entwicklungslän-
dern ändern sich die Essgewohnheiten«, frohlockte Stephanes. »Die Chinesen
essen mehr Fleisch und Hühnchen, davon profitieren unsere Bauern.«
Gigantische Getreidesilos erheben sich wie Trutzburgen an der Ortseinfahrt
von Rio Verde im zentralbrasilianischen Bundesstaat Goiás. Filialen der globa-
len Agrarmultis säumen die Hauptstraße: John Deere, Massey-Ferguson, Car-
gill, Bunge und Bayer sind in Rio Verde vertreten. Toyota und Mitsubishi stel-
len ihre neuesten Geländewagen aus, sie gelten als Statussymbole bei den Far-
mern. Die Stadtjugend vergnügt sich beim Rodeo oder kreuzt in protzigen Au-
tos durch die Straßen, um den Mädchen zu imponieren.
Die 150 000-Einwohner-Gemeinde erfreut sich einer robusten Wirtschaftss-
truktur, sie ist die Perle der brasilianischen Agroindustrie. Rio Verde ist gut an
das Straßennetz angeschlossen; es regnet regelmäßig und ausreichend, die Bö-
den sprechen gut auf Dünger an. Neben brasilianischen Zuwanderern aus dem
Süden haben sich auch amerikanische, russische und holländische Großfarmer
in der Region niedergelassen. Sie züchten Rinder, Schweine und Geflügel oder
pflanzen Getreide, vor allem Soja.
Noch vor wenigen Jahren kämpften die Bauern von Rio Verde ums Überle-
ben. Viele Farmer waren hoch verschuldet, der Verfall der Agrarpreise an der
Weltbörse in Chicago und der Verfall des Dollars hätten sie fast in den Ruin ge-
trieben. Doch mit den steigenden Sojapreisen blühte die Region auf.
Soja ist die zweite Währung in Rio Verde. Landkäufe oder Pachtgeschäfte
werden in Sojasäcken berechnet. Das Getreide wird als Futtermittel an den
Agrokonzern Perdigão verkauft, der in Rio Verde die größte Geflügelfabrik La-
teinamerikas betreibt. 500 000 Hühnchen werden in dem riesigen Betrieb täg-
lich geschlachtet, sie gehen nach Japan, China und in den Nahen Osten.
Für den Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Jahre ist vor allem die
Agroindustrie verantwortlich. Sie sichert der Regierung einen steten Zufluss an
Devisen. Aber Brasiliens Erfolg auf den Agrarmärkten hat auch eine Schatten-
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