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sen gesenkt würde, argumentierten Kritiker. Diese Voraussage hat sich bislang
nicht bewahrheitet: Alle Professoren, die ich zu dem Thema befragt habe, sehen
in der Quotenregelung eine ebenso nötige wie positive Öffnung des Bildungs-
systems für die bislang Ausgeschlossenen.
Eher schon ist die Kritik an dem Auswahlverfahren gerechtfertigt: An einer
Universität in Rio bewarben sich dunkelhäutige Zwillinge für einen Quoten-
Studienplatz; einer wurde akzeptiert, der andere abgelehnt. Das anfangs er-
wähnte Dilemma der Brasilianer, ihre Hautfarbe zu definieren, erschwert die
Quotenregelung.
Die Selbstwahrnehmung als Nichtschwarze verhindert auch, dass die kleine
Afro-Bewegung mehr Anhänger gewinnt. »Black Power« ist in Brasilien kein
Thema. Nur in Bahia ist das Selbstbewusstsein der Afrobrasilianer stark entwi-
ckelt. Der Stolz auf ihre Hautfarbe hat den schwarzen Bahía-Bewohnern aller-
dings nicht zu mehr politischem Einfluss verholfen, er drückt sich vor allem in
der Kultur aus.
Zwischen Boom und Blues - das Auf und Ab der brasilianischen
Wirtschaft
Der Hubschrauber erhebt sich über die Guanabara-Bucht, lässt den Zuckerhut
hinter sich und schwenkt an der Küste entlang Richtung Norden. Austernbänke
ziehen vorbei, Fischerstädtchen und weiße Badestrände.
Nach gut einer Stunde taucht ein Pier am Horizont auf, es ragt 300 Meter
weit in den blaugrünen Ozean. Auf einer Baustelle schrauben Arbeiter mit wei-
ßen Helmen an Filteranlagen. Ringsherum erstreckt sich kilometerweit tro-
ckenes, sandiges Brachland. In dieser Einöde entsteht der Industriehafen Açu,
einst das ehrgeizigste Projekt des brasilianischen Unternehmers Eike Batista.
Der Deutschstämmige war einmal der reichste Mann Brasiliens, weltweit
war er die Nummer acht. Forbes schätzte sein Vermögen auf 30 Milliarden US-
Dollar. Mit Megaprojekten wie Açu hatte der Mann aus Rio ein Milliardenver-
mögen aufgebaut. Fünf Firmen bildeten sein Imperium EBX, sie saßen alle un-
ter einem Dach in einem unscheinbaren Hochhaus am Strand von Flamengo.
Sie suchten nach Öl und Gas, förderten Gold und Erze, bauten Werften und ent-
warfen Fabriken. In Kolumbien hatte Batista eine Goldmine und mehrere Koh-
legruben gekauft; in Rio renovierte er das altehrwürdige Hotel Gloria, er betrieb
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