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rung dieses Frauenbildes beigetragen: Gabriela wie Zimt und Nelken und Dona
Flor und ihre beiden Ehemänner sind eine Hommage an die Mulattinnen von
Bahía, sie verklären den Schmelztiegel Brasilien. Bis heute ist das Frauenideal
vieler hellhäutiger Brasilianer eine »Morena« oder »Mulattin«. Schwarze Bra-
silianer stehen dagegen oft auf Blondinen - sie sind ein Statussymbol für ge-
sellschaftlichen Aufstieg. Medien und Tourismuswerbung schlachten diese Kli-
schees aus. Carmen Miranda, die Sängerin mit dem Früchtekorb auf dem Kopf,
symbolisierte jahrzehntelang die typische Brasilianerin im Ausland - dabei war
sie eine gebürtige Portugiesin.
Im Bürgertum und in der Oberschicht war es bis vor wenigen Jahren üblich,
dass die Söhne des weißen Hausherrn ihre erste sexuelle Erfahrung mit der
zumeist dunkelhäutigen Hausangestellten machten. Viele Männer der Ober-
schicht zeugten Nachkommen mit dunkelhäutigen Geliebten. Nur selten er-
kannten sie diese Kinder allerdings an; nach ihrem Tod kämpften die außerehe-
lichen Töchter und Söhne meist vergeblich um ihren Anteil am Erbe.
Der Kult um die Mulattinnen hat diesen nicht zum gesellschaftlichen Auf-
stieg verholfen, die soziale Hierarchie blieb unangetastet. »Cada Macaco no
seu galho« heißt ein bekanntes brasilianisches Sprichwort: »Jeder Affe sitzt auf
dem Ast, der ihm gebührt.«
Der herrschenden Klasse Brasiliens war ihre europäische Abstammung im-
mer wichtig. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert war das Sonnenbaden verpönt,
als Schönheitsideal strebte man nach einer möglichst hellen Haut. Unter der
Diktatur von Getúlio Vargas entwarfen Rassentheoretiker Rezepte zur »Aufhel-
lung« der brasilianischen Bevölkerung, sie förderten vor allem die Einwande-
rung aus Nordeuropa. In der Oberschicht wurde es nicht gern gesehen, wenn
die Töchter einen Schwarzen heirateten.
Heute sind Ehen zwischen schwarzen und weißen Brasilianern alltäglich. In
Rio de Janeiro sitzen Schwarze und Weiße in Kneipen einträglich nebeneinan-
der. Vor allem der Strand hat eine egalisierende Wirkung: In Badehose und Bi-
kini sind alle Menschen gleich, Privatstrände sind verboten.
Von den Afrobrasilianern gehen auch wichtige kulturelle Anstöße aus.
Schwarze Bodybuilder prägen den Körperkult in den großen Städten; die mu-
sikalische Kultur der US-amerikanischen Schwarzen hat in den Vororten und
Armenvierteln der brasilianischen Metropolen Einzug gehalten. Baile Funk, Hi-
phop und Rap, die Musik der Vorstadtjugend, wurzelt in der Black Music der
amerikanischen Ghettos. Die Mode der Vorstadtkids wird von US-amerikani-
schen Schwarzen geprägt.
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