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Dankbar sprangen die Franzosen ein. Präsident Lula und Frankreichs Staats-
chef Nicolas Sarkozy unterzeichneten 2008 ein Abkommen über militärische
und strategische Zusammenarbeit. Paris hilft den Brasilianern beim Bau von
fünf konventionellen U-Booten und liefert den Rumpf für ein Atom-U-Boot.
Geheimnisse der Nukleartechnologie werden die Franzosen allerdings kaum
verraten - wie alle anderen Atommächte haben sie kein Interesse, dass neue
Mitglieder in den exklusiven Club der Bombenbesitzer vorstoßen, zumal Lula
beste Kontakte zu Irans Präsident Ahmadinedschad pflegte. Lula traf sich
mehrmals mit dem Iraner, er präsentierte zusammen mit seinem türkischen
Amtskollegen einen eigenen Plan zur Entschärfung der Krise um die iranischen
Atompläne. Die Amerikaner misstrauten deshalb Lulas außenpolitischen Am-
bitionen, die Beziehungen zwischen Brasília und Washington kühlten stark ab;
sie besserten sich erst unter Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff.
Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2010 stand Lula im Ze-
nit seiner Macht. Über 80 Prozent der befragten Brasilianer beurteilten seine
Regierung als positiv, keiner seiner Vorgänger konnte am Ende der Amtszeit
ähnliche Zustimmungsraten aufweisen. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, eine
Verfassungsänderung anzuschieben, um ihm eine erneute Wiederwahl zu er-
möglichen. Doch Lula war von Grund auf Demokrat, er lehnte jegliche Mani-
pulation der Magna Carta ab. Allerdings hatte er ein Problem: Sein Freund und
Ex-Minister Antonio Palocci, den er als Nachfolger favorisierte, war nach einem
Korruptionsskandal unwählbar. Unter seinen Ministern ragte niemand beson-
ders heraus, der als Kandidat in Frage kam, die Favoriten der PT sagten Lu-
la nicht zu. Gegen den Widerstand seiner eigenen Partei paukte der Präsident
die unwahrscheinlichste aller Kandidaten durch: seine damalige Kabinettsche-
fin Dilma Rousseff.
Die Ex-Guerrillera hatte unter Lula zunächst als Energieministerin gedient.
In den Kabinettssitzungen hatte sie ihn beeindruckt, weil sie immer ihren Lap-
top mitbrachte und zu allen Fachfragen bestens vorbereitet war. Rousseff ge-
noss einen Ruf als kompetente Technokratin, aber sie galt auch als unnahbar
und autoritär. Im Volk war sie so gut wie unbekannt. Aber Lula hätte auch
»einen Laternenpfahl zur Wahl empfehlen können«, bemerkte er später ein-
mal. Sein Ansehen war so groß, dass seine Wähler ihm blind vertrauten.
Lula schob eine Reihe von Investitionen und Sozialprojekten an, die vor al-
lem einem Ziel dienten: Dilma Rousseff in den Präsidentenpalast zu befördern.
Als sei er selbst im Wahlkampf, bereiste er systematisch das Landesinnere, um
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