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seine Favoritin bekannt zu machen. Rousseff tourte im Schlepptau des Präsi-
denten durchs Land, weihte Straßen und Kraftwerke ein.
Auch beim Spatenstich für das Megaprojekt am Rio São Francisco Ende
2009 war sie dabei - und das, obwohl Ärzte ihr erst einige Monate zuvor einen
Tumor aus der Achselhöhle entfernt hatten. Sie war genesen, aber die Chemo-
therapie hatte ihr zugesetzt, sie trug eine Perücke. Ihr Gesicht war bleich, das
Lächeln wirkte gefroren. Lula zog sie an seine Seite, als er ans Mikrofon trat.
Immer wieder erwähnte er ihren Namen, die meisten hier kannten sie nicht.
Elizete Piauí, eine Landarbeiterin, war noch ganz berauscht von der Begeg-
nung mit Lula. Sie wusste, dass Rousseff Lulas Kandidatin war, sie hatte sie
schon mal im Fernsehen gesehen. Sie wolle Wahlkampf für Dilma machen,
auch wenn sie am liebsten Lula behalten würde. »Ich wähle jeden, den er vor-
schlägt«, sagte sie mir.
Ende Oktober 2010 wurde Lula für seinen unermüdlichen Einsatz belohnt:
Dilma Rousseff wurde als erste Frau zur Präsidentin Brasiliens gewählt.
Dilma Rousseff und die Herrschaft der Frauen
Das Herz der Macht schlägt im vierten Stock des Palácio do Planalto in Brasília.
Livrierte Kellner mit Kaffeetabletts huschen über die Gänge des Regierungspa-
lasts, hohe Funktionäre warten in den Vorzimmern, in den Amtsstuben rauscht
die Klimaanlage.
Die Planungsministerin stöckelt vorbei, sie besucht die Kabinettschefin, es
geht um ein milliardenschweres Investitionsprogramm zur Armutsbekämp-
fung. Unterwegs grüßt die Ministerin für Institutionelle Beziehungen aus ihrem
Büro, sie pflegt die Kontakte der Regierung zum Kongress. Zwei Stockwerke
tiefer telefoniert die Pressechefin, mehrere Damen werten im Vorzimmer die
Tagespresse aus.
Wo man auch hinkommt im weißen Marmorpalast: Überall Ministerinnen,
Beraterinnen, Referentinnen, Sekretärinnen. Nur die Kellner und die Sicher-
heitsleute am Eingang sind Männer, ansonsten ist Brasiliens Regierungszentra-
le in weiblicher Hand. Das ist das Verdienst von Staatschefin Dilma Rousseff.
Rousseff ist die erste Frau an der Spitze des größten lateinamerikanischen
Landes, sie hat wichtige Posten ihrer Regierung mit Frauen besetzt. Der inners-
te Zirkel der Macht besteht bis auf eine Ausnahme aus Frauen. Und das alles
ohne Quotenregelung: »Wenn sie die Wahl hat zwischen einem Mann und einer
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