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»Alle Brasilianer haben Anrecht auf Frühstück, Mittagessen und Abend-
brot«, versprach Lula. In den ersten Tagen der neuen Regierung nahm er sein
komplettes Kabinett in die Slums mit, die Minister sollten das Elend mit eige-
nen Augen sehen. Rund ein Drittel der 186 Millionen Brasilianer galt damals als
arm, über elf Millionen litten Hunger.
Das Logo von Fome Zero, ein Teller mit Besteck, der den Sternenhimmel in
der brasilianischen Flagge ersetzte, wurde zum Markenzeichen der Regierung
Lula. Der Präsident gründete ein eigenes Ministerium für die Hungerbekämp-
fung, es verwaltete einen jährlichen Etat von umgerechnet über 18 Milliarden
Euro.
Fome Zero vereint eine Reihe von Sozialprogrammen unter seinem Schirm:
Die Regierung betreibt kommunale Suppenküchen und Volksrestaurants, sie
unterstützt Kleinbauern und finanziert Bewässerungsprojekte. Herzstück von
Fome Zero ist »Bolsa Família«, ein gigantisches Programm, das eine Einkom-
mensumverteilung zu Gunsten der Armen vornimmt. Umgerechnet sechs Mil-
liarden Euro waren im Jahr 2010 für das Programm vorgesehen.
Familien mit einem Monatseinkommen von umgerechnet 30 Euro erhalten
von der Regierung etwa 25 Euro plus zehn Euro für jedes Kind. Im Durchschnitt
erhielt im Jahr 2010 jede Empfängerfamilie etwa 50 Euro. Über zwölf Millionen
Familien kommen in den Genuss der staatlichen Stütze, im armen Nordosten
leben ganze Dörfer von Bolsa Família. Allein in der 1,5-Millionen-Metropole
Recife erhalten über 130 000 Familien die Hungerhilfe.
Das Geld ziehen die Bedürftigen mit einer Plastikkarte aus speziellen Au-
tomaten in Lotto-Annahmestellen oder der Sparkasse. Sie müssen allerdings
nachweisen, dass ihre Kinder zur Schule gehen und regelmäßig geimpft werden,
sonst wird die Auszahlung gesperrt. Alle zwei Monate müssen sie überdies ihre
Registrierung aktualisieren.
Überall im Land gibt es Ansprechstellen für die Bedürftigen, außerdem un-
terhalten die meisten Stadtverwaltungen kostenlose Callcenter, wo sich Inter-
essenten über das Programm informieren können. So erhält die Regierung ein
ständig aktualisiertes Röntgenbild der Armut im Land.
Bei seiner Einführung wurde Bolsa Família als populistischer Propaganda-
schlag von Präsident Lula kritisiert. Doch sein Erfolg ist so durchschlagend,
dass inzwischen nicht einmal die Opposition an dem Programm herummäkelt.
Über 20 Millionen Brasilianer sind aus der Armut aufgestiegen, die Kinders-
terblichkeit ist drastisch zurückgegangen.
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