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auf riefen eine Reihe spanischer Kolonien ihre Unabhängigkeit aus. General
San Martín im Süden und Simón Bolívar im Norden des Subkontinents führten
die Befreiungsbewegungen im spanischen Südamerika an.
Brasilien ging einen anderen Weg: Hier mündeten die Rebellionen regiona-
ler Eliten nicht in einen Unabhängigkeitskrieg wie in den spanischen und fran-
zösischen Kolonien. Schuld war Napoleon: Im Jahr 1808, kurz bevor der fran-
zösische Feldherr Lissabon besetzte, war der portugiesische König mit seinem
Hof nach Brasilien geflüchtet. Er ließ sich in Rio de Janeiro nieder. Unter ande-
rem brachte er seine prachtvolle Bibliothek mit, eine der umfangreichsten und
bestsortierten Büchersammlungen der Epoche. Sie bildete den Grundstock für
die brasilianische Nationalbibliothek; man kann sie in Rio besichtigen.
Die lokalen Eliten waren von dem Umzug der königlichen Familie nicht be-
sonders begeistert, sie mussten Privilegien und Liegenschaften an die Krone
abtreten. Andererseits wurde Brasilien plötzlich zum Zentrum eines Kolonial-
reiches, das von Südamerika bis nach Ostasien reichte. Der König ließ die Hä-
fen für den Welthandel öffnen, die Geschäfte blühten auf, die Krone investierte
kräftig in die Kolonie.
Nach der Niederlage Napoleons kehrten König João VI. und seine Familie
nach Portugal zurück. Doch der Sohn des Monarchen, Pedro, fällte eine folgen-
reiche Entscheidung: Er blieb in Rio de Janeiro. Im Jahr 1822 orderte das Par-
lament in Lissabon den Monarchen per Dekret zurück. Er reagierte mit einem
Ausruf, der Brasilien zur Unabhängigkeit verhalf, zugleich aber die Monarchie
verlängerte: »Ich bleibe!« Dieser Moment ging als Geburtsstunde der Nation in
die Geschichte ein.
Pedro wurde zum Kaiser von Brasilien gekrönt. Er galt als aufgeklärter Mon-
arch, war gegen die Sklaverei und ließ eine Verfassung und ein Parlament zu.
Dennoch wurde die Sklaverei erst 1888 abgeschafft. Im Parlament hatten die
Fazendabesitzer und Sklavenhalter das Sagen, die Demokratie war nur Fassa-
de, die Verfassung ein Lippenbekenntnis der herrschenden Eliten.
Nach dem Tod des portugiesischen Königs Joao VI. im Jahr 1826 streuten
die Gegner von Dom Pedro I. das Gerücht, dieser strebe eine Vereinigung Bra-
siliens mit Portugal an. Das schwächte die Stellung des brasilianischen Monar-
chen so sehr, dass er 1831 vorzeitig abdankte. Sein erst fünfjähriger gleichnami-
ger Sohn wurde zum neuen König ausgerufen.
Dom Pedro II. herrschte mehr als 50 Jahre. Er interessierte sich für For-
schung und Technik, ließ Telegrafenleitungen und Eisenbahnen bauen, förderte
Wissenschaft und Kultur. Wirtschaftlich lebte das Land auf: Die Nachfrage
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