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Ipanema« schrieb, zog er Anfang der 1960er durch Rios Boheme-Kneipen. Spä-
ter wurde sein helles, elegisches Timbre zur Proteststimme gegen die Militär-
diktatur. Seine Lieder verkörpern das Lebensgefühl einer ganzen Generation, er
kämpfte gegen die Folter und stritt für die Freigabe von Drogen. Mehrere Jahre
verbrachte er im Exil in Rom.
Buarque fühlt sich wohl in Europa, er gilt als der Weltläufigste unter den bra-
silianischen Musikern. Sein Vater, der Historiker und Soziologe Sérgio Buar-
que de Holanda, schrieb den Klassiker Die Wurzeln Brasiliens , seine Mutter
war Pianistin. Künstler und Intellektuelle gingen in ihrem Haus ein und aus, oft
reiste die Familie nach Europa. Zum Schreiben und Komponieren zieht Buar-
que sich gern in sein Apartment in Paris zurück. In Frankreich, wo das Chanson
gepflegt wird, ist er ein Star; einige vergleichen ihn mit der belgischen Legende
Jacques Brel.
Auf der Bühne macht sich Buarque dagegen rar. Das bedauern nicht zuletzt
seine weiblichen Fans, denn der Tropen-Beau mit den wasserblauen Augen hat
eine magische Ausstrahlung auf Frauen.
Dabei gilt Buarque als schüchtern und introvertiert, sein Privatleben schirmt
der mehrfache Großvater ab. Verständnis für die »weibliche Seele« haben Kri-
tiker ihm bescheinigt, weil viele Frauen sich mit seinen Texten identifizieren.
Buarque: »Viele Lieder habe ich für Sängerinnen geschrieben, deshalb haben
sie diesen femininen Touch.«
Das Multitalent Buarque wandelt gern zwischen den Künsten. Er hat eine
Oper und zahlreiche Filmmusiken geschrieben; mehrere seiner Romane sind
auf Deutsch erschienen. Buarque hat eine besondere Beziehung zu Deutsch-
land: Er hat einen deutschen Halbbruder. Sein Vater lebte von 1929 bis 1936 als
brasilianischer Konsul in Hamburg und zeugte in dieser Zeit ein Kind mit einer
deutschen Geliebten.
Die beiden verloren sich aus den Augen, erst während des Kriegs erhielt der
Wissenschaftler Nachricht von seinem Sohn: Die Mutter bat ihn um ein Doku-
ment, mit dem sie dem Nazi-Regime beweisen könne, dass der Junge nicht jü-
discher Abstammung sei. »Wenn mein Halbbruder noch lebt, müsste er heute
weit über 70 Jahre alt sein«, sagte mir Buarque. Er hat seinen Bruder nie aus-
findig gemacht.
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