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naskarnevals. Die Tänzerinnen tragen indianische Röcke und Federschmuck,
der Rhythmus ist von der Musik des Nordostens beeinflusst. In Belem und dem
östlichen Amazonasgebiet ist »Brega« angesagt, hier herrscht die Band »Ca-
lypso«, Zehntausende strömen zu ihren Glittershows. Maranhão ist die Heimat
des brasilianischen Reggae, Sklaven haben ihn aus der Karibik mitgebracht. Im
Nordosten herrschen »Frevo« und »Forró«, man schmiegt sich zu den rasen-
den Rhythmen eng an seine Partnerin. Bahia ist die Heimat des »Axé«, die Sän-
gerinnen Ivete Sangalo, Daniela Mercury und Claudia Leitte bringen Zehntau-
sende auf die Beine. Rio ist die Hochburg von Samba und Pagode; die Favelaju-
gend steht vor allem auf Funk, Hiphop und elektronische Rave-Musik. Im Sü-
den, in Curitiba und Porto Alegre, ist der brasilianische Rock zuhause. Schwarz
gekleidete Gruftis stampfen zu Heavy-Metal-Riffs.
Einer der berühmtesten brasilianischen Musiker wohnt gleich bei mir um die
Ecke: Schlagersänger Roberto Carlos, der Schwarm aller Schwiegermütter. Oft
sieht man ihn mit seinem Lamborghini-Cabrio durch Urca rasen, er fährt im-
mer nur um den Block, vor Ausflügen in andere Stadtviertel hat er Angst - seine
Luxusboliden würden sofort einen Auflauf verursachen. An seinem Geburtstag
versammeln sich ganze Reisegruppen zumeist älterer Damen vor seinem Haus.
In Paris hat ein brasilianischer Künstler seine zweite Heimat gefunden, der
wie kein anderer die aufgeklärten Intellektuellen der urbanen Mittel- und Ober-
schicht repräsentiert: Chico Buarque. Ich habe ihn vor einigen Jahren bei der
Aufnahme einer CD in einem Tonstudio seines Freundes Gilberto Gil in Rio ge-
troffen. Der Musiker probte für eine neue Tournee, in dem engen Penthouse
hatten sich einige der besten Instrumentalisten des Landes versammelt. Buar-
que sang im Duett mit Mart'nália, der Tochter der Samba-Legende Martinho da
Vila. Er hat vielen Nachwuchsmusikern beim Karrierestart geholfen: »Rios Vo-
rorte sind ein unerschöpfliches Reservoir an Talenten.«
Seine Heimatstadt ist das Thema seiner CD »Carioca«. Der Lärm der Me-
tropole liefert den Soundtrack für den Song »Subúrbio«, eine Hommage an
den Rap, der in vielen Armenvierteln den Samba verdrängt. »Rap ist die neue
Sprache der Peripherie«, sagt Buarque. Er bewundert den harten, metallischen
Rhythmus aus den Ghettos als Ausdruck des Protests, doch musikalisch ist ihm
das Stakkato fremd: »Das ist das Ende der Songkultur.«
Buarque zählt wie seine Kollegen Caetano Veloso und Gilberto Gil zur Gene-
ration der MPB, der »Música Popular Brasileira«. Sein Lehrmeister war Anto-
nio Carlos Jobim, der Altmeister des Bossa Nova. Mit dem Dichter und Diplo-
maten Vinícius de Moraes, der zusammen mit Jobim den Hit »The Girl from
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