Travel Reference
In-Depth Information
men aus einem Steinbruch des Wunderheilers. Vielen Patienten verschreibt er
homöopathische Pillen, eine Schachtel kostet etwa 24 Euro und reicht für drei
Monate. Der gesamte Gewinn werde in den Betrieb seines Heilungszentrums
investiert, versichert João de Deus. Im Stadtzentrum betreibt er eine Suppen-
küche und ein Seelsorgezentrum für Arme.
In Abadiania ist João de Deus ein einflussreicher Mann, sein Bild hängt in
vielen Wohnstuben, ohne seinen Segen wird niemand Bürgermeister. An der
Straße, die zu seinem Behandlungszentrum führt, haben zahlreiche Hotels, Re-
staurants und Esoterikläden eröffnet. Der Wunderheiler besitzt mehrere Far-
men in der Umgebung, aber Luxus stellt er nicht zur Schau: Sein Behandlungs-
zentrum ist einfach und zweckmäßig eingerichtet.
Nancy Laska, die gehbehinderte alte Dame aus Arizona, ist jedenfalls sicher,
dass sie ihre Reisekosten gut investiert hat. Ihre Krücke hat sie im Depot ab-
gegeben, mit einer Freundin bummelt sie über den Hof der Casa Dom Inácio.
»Der Mann arbeitet seit über 30 Jahren im selben Ort«, sagt sie. »Wenn er ein
Quacksalber wäre, wäre er schon lange aufgeflogen. Aber man muss es wohl er-
leben, um es zu glauben.«
Fußball und Rodeo - Brasiliens Massensport
Juca Kfouri ist einer der angesehensten Sportjournalisten Brasiliens. Seit den
1970er Jahren, als die »Seleção«, wie die Nationalmannschaft genannt wird,
die Welt mit dem »Jogo Bonito« begeisterte, dem »schönen Spiel«, kommen-
tiert er das Geschehen rund um den Fußball. Die korrupten Spitzenmanager
des brasilianischen Fußballverbands CBF haben ihn zu ihrem Erzfeind erkoren,
das kommt einem journalistischen Ritterschlag gleich. Als eingefleischter Pau-
listano, wie die Einwohner von São Paulo heißen, ist er natürlich Fan von
Corinthians. Kfouri lebt, leidet und atmet Fußball. An einem kalten, regneri-
schen Abend, mehrere Wochen vor den Demonstrationen gegen die überteuer-
ten WM-Stadien, besuchte ich ihn in seinem Apartment in São Paulo; ich woll-
te seine Meinung zu dem umstrittenen CBF-Präsidenten José Maria Marin hö-
ren. Marin hatte in den 1970er Jahren die Militärdiktatur unterstützt und war
in eine Reihe von Korruptionsskandalen verwickelt. Noch bevor ich dazu kam,
meine erste Frage zu stellen, fixierte Kfouri mich und sagte mit ernster Stimme:
»Jens, bevor wir beginnen, müssen wir mal mit einem Mythos aufräumen: Bra-
silien ist nicht das Land des Fußballs.«
Search WWH ::




Custom Search