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nisterin Marina Silva, gehört einer evangelischen Kirche an. »Ohne uns geht
nichts«, sagt Pastor Malafaia. Der Prediger hat Psychologie studiert, er hat ein
Buch über die »Schwulen-Heilung« herausgegeben. Ein ehemaliger Transvestit
schildert darin, wie er sich mit Gottes Hilfe zum heterosexuellen Pastor wan-
delte. »Homosexualität ist eine Verhaltensstörung«, behauptet Malafaia. »Das
kann man ändern.«
Mit seinen provokanten Sprüchen hat er die Schwulenbewegung gegen sich
aufgebracht. Aus Furcht vor Anschlägen von Gay-Aktivisten lässt er sich von
zwei Leibwächtern begleiten. Malafaia: »Ich habe Morddrohungen erhalten.«
Doch der Streit um die Schwulen ist nur ein Nebenschauplatz, die evange-
lischen Kirchen fungieren vor allem als riesige Geldmaschinen. In fünf Jah-
ren habe seine Kongregation 120 Millionen Dollar eingenommen, frohlockt
Malafaia. Zu Gottesdiensten im Nordosten fliegt er mit einem Privatjet, das
Flugzeug gehört der Kirche. »Forbes« hat ihn Anfang 2013 zum drittreichsten
Pastor Brasiliens erklärt, sein Vermögen beträgt angeblich über 300 Millionen
Real, rund 120 Millionen Euro. Malafaia bestreitet das: »Das Geld gehört der
Kirche, nicht mir.«
Kirchen sind ein lukratives Geschäft: Als gemeinnützige Institution zahlen
sie keine Steuern. Kundschaft ist garantiert, Brasiliens Städte sind in den ver-
gangenen Jahrzehnten rasant gewachsen. Viele Zuwanderer in den Metropolen
sind entwurzelt, die Familien zerrissen, Alkohol- und Drogensucht sind weit
verbreitet. In den evangelischen Kirchen suchen sie Hilfe und Zuflucht. »Die
Katholische Kirche vertröstet die Menschen auf das Jenseits, das ist wenig at-
traktiv«, sagt die Soziologin Christina Vital von der Bundesuniversität Rio de
Janeiro, sie hat eine Studie zu dem Thema verfasst. »Die evangelischen Kirchen
bieten dagegen praktische Lebenshilfe.«
Vor allem in Gefängnissen und Armenvierteln sind die Pastoren aktiv, viele
ehemalige Drogenhändler lassen sich taufen. In Jardim Primavera, einem ärm-
lichen Vorort von Rio, unterstützt Pastor Malafaia ein Projekt für Alkoholkran-
ke, Demente und Drogensüchtige, die Kirche bietet Alphabetisierungskurse und
Hilfe bei der Arbeitssuche.
Julio Pereira, 53, war Alkoholiker und Katholik, als er 1999 in die Institution
kam. Der einstige Soldat war obdachlos; er hauste auf einem Schrottplatz in ei-
nem Verschlag, den er sich aus einem alten Swimmingpool und Pappkartons
gebastelt hatte. Den Kontakt zu seinen beiden Kindern und seiner Ex-Frau hat-
te er verloren. »Ratten liefen über meinen Körper, bei Regen wurde alles über-
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