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im Jahr 2005: Eine Gruppe von Rinderfarmern hatte einen Auftragskiller auf
die 78 Jahre alte Dame angesetzt, weil sie Landlose in Anapu unterstützte, einer
Nachbargemeinde von Altamira. Der Mörder lauerte ihr im Urwald auf, sie las
ihm noch ein Gleichnis aus der Bibel vor, bevor er sie in den Hinterkopf schoss.
Kräutler predigte auf ihrer Beerdigung.
Es war das zweite Mal, dass er einen Freund zu Grabe trug: 1995 Jahren hat-
ten Pistoleiros sein Haus gestürmt und den österreichischen Priester Hubert
Mattle erschossen. Kräutler hatte Glück, er hielt sich gerade in einer Nachbar-
gemeinde auf. Die Mörder wurden nie ermittelt.
Über 800 Kleinbauern, Gewerkschaftsführer und Menschenrechtler wurden
seit 1972 in der Region ermordet, nur in drei Fällen kam es zu einer Gerichts-
verhandlung. Die Polizei ist korrupt und schlecht ausgerüstet, viele Polizisten
stehen im Sold der Rinderfarmer. Wer bedroht wird, geht nicht zur Polizei. Er
kommt zu Dom Erwin.
Der Bischof ging an die Öffentlichkeit, als Pistoleiros einen Landarbeiter in
seiner Diözese mit drei Schüssen niederstreckten: Er hatte gegen einen Farmer
geklagt, weil er monatelang keinen Lohn erhielt. Als Dom Erwin von Sklavenar-
beit in São Felix do Xingu erfuhr, einem Nest 200 Kilometer südlich von Alta-
mira, denunzierte er das Verbrechen bei der Bundesregierung.
Besonders unbeliebt machte er sich, als er eine Gruppe einflussreicher Bür-
ger auffliegen ließ, die in Sexualdelikte verwickelt waren. Sie fingen 13- und
14-jährige Mädchen am Freitag nach Schulschluss ab und versprachen ihnen
Handys und kleine Geschenke, wenn sie das Wochenende mit ihnen auf einer
Farm verbrachten. Dort regten sie die Teenager zum Drogenkonsum an, filmten
und fotografierten sie bei Orgien und verkauften die Bilder übers Internet. Un-
ter den Verdächtigen waren ein bekannter Gynäkologe und ein Stadtrat.
Die Mütter der Minderjährigen wandten sich an den Bischof, der schrieb
einen Brief an den Justizminister. Die Beschuldigten wurden festgenommen,
kurz darauf erhielt Dom Erwin die erste Morddrohung via Internet.
Im Jahr 1965 kam der junge Priester nach Altamira. Per Boot erkundete er
seine riesige Diözese, meist übernachtete er in Hängematten. Die Leute in den
Dörfern waren begeistert: Er war der erste Geistliche, der sie besuchte. »Früher
blieben die Padres zuhause«, sagt Kräutler. »Die Gläubigen mussten zum Got-
tesdienst anreisen.«
Bei seinen Trips in den Urwald gründete Kräutler zahlreiche Basisgemein-
den, heute sind es über 800. Viermal erkrankte er an Malaria, oft musste er
die Kirche vor der Messe von giftigen Schlangen und Ungeziefer säubern. 1980
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