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Stadt nach ihren Wäldern zurück. Ihre Tracht hat durchaus nichts Charakteristisches, son-
dern sie tragen eine schlechte gewöhnliche Nachbildung aller Moden der englischen Städte.
Auch das weibliche Geschlecht sucht die Moden der Städte nachzuahmen, trägt grosse
Hüte mit flatternden Schleiern und bunte Playtmäntel, ein oft komischer Contrast in diesen
abgelegenen Wäldern. Für den Winter ist die Tracht der Männer oft nicht übel gewählt.
Sie tragen alsdann häufig Ueberröcke, welche aus den gewöhnlichen wollenen Pferdedeck-
en gemacht sind, weiss oder grün mit einigen bunten Streifen, welche man zur Einfassung
an Kragen, Aufschlägen und Rockschössen benutzt, ja sie sind wohl gänzlich wie Zebra's
gestreift. Lärmende Gesellschaften dieser Leute versammeln sich of in den Gasthöfen zu
Harmony bei dem Kaminfeuer; der Whisky belebt ihre Unterhaltung, während ihre Pferde
of den ganzen Tag bei Regen und Schnee auf der Strasse angebunden stehn. Am Son-
ntag, obgleich kein Gottesdienst ist, gehen sie besser gekleidet, sie haben sich gereinigt
und ihre Haare etwas in Ordnung gebracht, obgleich diese letzteren wild um den Kopf hän-
gen. Oefters zogen alsdann die jungen Leute zu Harmony auf die Jagd aus, andere spielten
in den Strassen und Plätzen allerlei Spiele, besonders Ball. An gewissen Tagen, besonders
wenn es eine Magistratsperson, einen Präsidenten oder Gouverneur zu wählen galt, fehlte
niemand; denn an der Regierung des Landes nehmen alle lebhaften Antheil, und um kein-
en Preis würden sie diesen Vorzug aufgeben. An solchen Wahltagen reiten ganze Scharen
von ihnen zur Stadt, die Strassen sind mit ihren daselbst angebundenen Reitpferden besetzt,
und die Whisky-Schenken erschallen von den tumultuarischen Unterhaltungen. Ein jeder
Mann giebt seine Wahl, man streitet sich hin und her, und an solchen Reichstagen fehlt es
bei den erhitzten Köpfen nicht an Schlägereien. Der Ackerbau ist in der Gegend von New-
Harmony noch in seiner Kindheit, und man verlässt sich auf die grosse Fruchtbarkeit des
Bodens. Das Hauptprodukt dieser Gegend für das Pflanzenreich ist der Mais, welcher hier
eine Höhe von 12 bis 15 Fussen erreicht, und dessen Kolben sehr gross und schwer sind.
Wir leihen uns Fahrräder vom Hotel aus und besichtigen New Harmony und die Umge-
bung. An den Uferböschungen sind noch die Folgen vergangener Hochwasser zu sehen.
Heute leben in New Harmony nicht viel mehr Menschen als zu der Zeit, in der Wied
und seine Begleiter den Winter hier verbrachten. Die Bewohner sind angenehm zurückhal-
tend. Die Atmosphäre in den großzügigen Gartenanlagen belebt Körper, Geist und Seele.
Während unserer Streifzüge durch den Ort erfasst mich die Spiritualität und Kraft der dam-
aligen religiösen und philosophischen Überzeugungen. Wir radeln an restaurierten Block-
häusern, Fachwerk- und Backsteinhäusern aus der Zeit der Rappisten vorbei. Man hat dabei
immer das Gefühl, dass die Zeit in New Harmony stehen geblieben ist. Wied, Bodmer
und Dreidoppel wohnten während ihres Aufenthaltes 1832/1833 in einem dieser Backstein-
häuser, die auch heute noch in einem guten Zustand sind. Im krassen Gegensatz zu den
vorab geschilderten Eindrücken steht das eindrucksvollste Gebäude von New Harmony:
Das Atheneum, 1979 von dem weltberühmten Architekten Richard Meier erbaut. Das
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