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landwirtschaftliche Düngemittel und unzureichend geklärte Abwässer stark belastet wer-
den sollte.
Wieds Blick schweifte auch über jene Insel im Fluss, die mit dem Namen Harrisburg für
immer in schrecklicher Erinnerung verbunden sein wird: Three Mile Island. Dort ereignete
sich am 28. März 1979 ein schwerer Kraftwerksunfall, bei dem es in einem der Reakt-
orblöcke zu einer partiellen Kernschmelze kam, die den Reaktorkern größtenteils zerstörte.
Wie üblich wurde der Vorfall von den Verantwortlichen heruntergespielt, doch noch sechs
Jahre nach dem Unfall war die Krebsrate auf der vom Wind abgewandten Leeseite zeit-
weise bis zu 150% höher als auf der Luvseite der Reaktoranlage.
Ich betrete diese Stadt mit gemischten Gefühlen, da ein verantwortlicher Umgang mit den
natürlichen Ressourcen und der Umwelt meiner Meinung nach dem Selbstverständnis viel-
er Amerikaner von unbegrenzter Mobilität und Freiheit im Wege steht. So groß die Ignor-
anz gegenüber dem Schutz der Umwelt bei vielen Amerikanern auch sein mag, einige
Landsleute engagieren sich vorbildlich für den Umweltschutz und versprühen eine optim-
istische Tatkraft, die sich bemüht, das Beste aus allem zu machen - eine amerikanische
Urtugend. So sind wir denn nun doch angetan vom Erscheinungsbild der Stadt, dem vielen
Grün der Parkanlagen, der seltsamen Mischung aus historischen Gebäuden und unsäg-
licher Parkhausarchitektur. Glücklicherweise gibt es die unverwechselbaren Landschaften,
in welche diese Orte eingebettet sind, noch immer. In Harrisburg ist es das großartige
Flusspanorama mit den vielen unterschiedlichen Brücken, der gediegenen Uferpromenade
des Susquehannas, seinen grünen Inseln und den Kühltürmen auf Three Mile Island, die,
von Bäumen verdeckt und vom Dunst des Fernblicks verschleiert, immer noch ihre gefähr-
liche Arbeit leisten. Die nahezu ausnahmslose Freundlichkeit der Bewohner macht unser-
en dreitägigen Aufenthalt angenehm. Wir mieten uns Fahrräder, erkunden die Umgebung,
versuchen die Örtlichkeiten zu finden, die Wied während seines dreitägigen Aufenthaltes
in seinem Reisebuch erwähnte, und besuchen das auf einem Hügel liegende Civil War Mu-
seum.
Weiter geht's mit einem Greyhound Bus. Wir folgen nahezu der exakten Wied-Route von
Harrisburg nach Ebensburg durchs Juniata-Tal. Das hier ist McCain-Country, nur McCains
Kopf ziert die Plakate der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Von Obamas „Yes,
we can!“ keine Spur. Die konservativen Amerikaner vertrauen Gott, der Winchester und
der Private Property. Während der Bus durch die hügelige Landschaft der westlichen Al-
leghanys, der Blue Mountains, ächzt und gigantische Rodungsmaschinen für eine neue
Interstate breite Schneisen in die Berghänge reißen, muss ich an Wieds liebevolle Bes-
chreibungen denken, mit denen er diesen Reiseabschnitt bedachte:
Die Waldungen färbten sich hier schon mehr, die Ahorne, das Dog-wood (Cornus florida)
und der Sumach waren zum Theil roth, die Wallnussbäume, besonders der Hickory gelb,
welches viel Abwechslung in die Landschaft brachte. Bei einigen Wohnungen sah man
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