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Kapitel III Bethlehem in Pennsylvania
Am 30. Juli früh vor Tag bei dem schönsten Wetter und hellem Mondscheine fuhren wir
durch die langen Strassen von Philadelphia. Wir legten Germantown zurück, einen zerstreut
liegenden Ort, und erreichten um 8 Uhr Chesnut-Hill. Die ganze Gegend bis Bethlehem und
noch viel weiter hinaus ist grösstentheils von den Abkömmlingen deutscher Auswanderer
bewohnt. Die Wälder werden in dieser Gegend höher, die Bäume breiten ihre hohen Kronen
schattenreich aus, und indem die Strasse abwechselnd durch Felder, Wiesen und über sanfte
Höhen fortläuft, erreicht man Freiburg (Fryburg). Hier hielten wir für ein Paar Tage an, um
die Wälder zu durchstreifen.
Am 30. Juli fährt der Greyhound-Bus pünktlich um 9.30 Uhr nach Bethlehem ab. Direkt
hinter uns sitzen zwei Mexikaner, deren Anwesenheit mich etwas nervös macht, was wahr-
scheinlich mit den Western-Filmen meiner Jugend zusammenhängt, wo der weiße Mann gut,
der Indianer wild und gut, der Mexikaner hingegen böse und verschlagen war. Mühsam reiße
ich mich zusammen, um den Klischees in meinem Kopf nicht noch mehr Raum zu lassen.
Schnell sind wir auf der westlichen Seite des Schuylkill Rivers, wo der Verkehr wegen einer
Baustelle auf der Interstate West 76 immer zähfließender wird und Schilder auf „Uneven
Pavement, Work Area Ahead, Right Lane Closed Ahead“ hinweisen.
Am 2. August früh bei dem schönstem Wetter verliessen wir Freiburg (heute Coopersburg),
und unser Wirth fuhr uns auf seinem Dearborn (so nennt man kleine Bankwagen mit einem
Verdecke) und zwei raschen Pferden nach Bethlehem, wohin der Weg für uns sehr unter-
haltend war. Die Gegend ist angenehm und freundlich. Schöne Wiesen, Felder, Wohnungen
und Gebüsche wechselten an sanften Höhen ab, und das schöne Thal Upper Sackena, wie es
die Bewohner nannten, ist besonders fruchtbar. Schöne Bäume geben hier und da am Wege
Schatten, und ein kleiner Teich war für uns von grossem Interesse, da wir ausser mehren in-
teressanten Vögeln überall an seinen Ufern und auf alten Stöcken im Wasser Schildkröten
sitzen sahen. Ueberall auf den Wiesen und Kleefeldern sass die grosse Staarlerche und stieg
auf, sobald man sich ihr näherte, die carolinische Taube, Drosseln, der rothköpfige Specht,
gelbe Stieglitz und viele andere Vögel belebten die schattigen Gebüsche, während an den
Zäunen das gestreifte Erdeichhorn pfeilschnell umher lief. In der Mittagshitze erreichten wir
die BrüderColonie-Bethlehem, wo wir in einem deutschen Gasthofe abtraten. Diese Nieder-
lassung ist auf der Höhe und an dem Abhange eines Hügels erbaut, an dessem Fusse sich
der Bach Monocasa (heute Monocacy) mit der Lecha (heute Lehigh River) vereinigt. Die
Lecha ist bekannt durch ihr malerisches, anfänglich wild und waldiges, weiter hinab frucht-
bares und wohlbebautes Thal. Man kann Bethlehem bis jetzt nur ein Dorf nennen, allein
der Ort nimmt bedeutend zu, und hat einige schon ziemlich ansehnliche Strassen, die indes-
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