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So klingt Rio
Rio hat ein reiches musikalisches Erbe und Livemusik gehört ebenso zur Stadtkultur
wie die Strände und Berge ringsum. Das Vorzeigegenre ist natürlich der allgegenwär-
tige Samba, insbesondere in den Wochen vor Beginn des Karnevals. Auf dem „Rio-
Soundtrack“ dürfen aber auch Rock, Pop, Jazz, Música Popular Brasileira (MPB), Hip-
Hop und forró nicht fehlen. All diese Stile repräsentieren den unglaublichen Pool der
Metropole an musikalischem Talent.
Samba
Im Grunde genommen war die Geburtsstunde des Sambas auch die Ge-
burtsstunde der brasilianischen Musik insgesamt. Das erste Mal wurde er
zu Beginn des 20. Jhs. in einem Viertel von Rio nahe der heutigen Praça
Onze gespielt. Dort hatten sich Immigranten aus dem Nordosten des Lan-
des (vor allem aus Bahia) zu einer eng verwobenen Gemeinde zusammen-
geschlossen, in der afrikanische Traditionen gepflegt wurden, sei es die
Musik, den Tanz oder die Religion (Candomblé) betreffend. In ihren Woh-
nungen und Häusern fanden improvisierte Jamsessions statt, bei denen
sich die besten Musiker der Stadt austauschten. Die kreative Atmosphäre
inspirierte Größen wie Pixinguinha, einen der Urväter des Sambas, und
Donga, einen der Komponisten von Pelo Telefone , dem ersten Sambalied,
das je aufgenommen wurde (1917), und das auf dem damals noch recht
neuen Karneval einschlug wie eine Bombe.
Daraufhin entwickelte sich der Samba in Privatwohnungen und bote-
quims (Bars mit Bedienung) weiter. Die 1930er-Jahre gelten als goldenes
Zeitalter des Genres, das inzwischen über die Grenzen der Arbeiterviertel
im Zentrum hinaus bekannt war. Nach und nach entstanden verschiedene
weniger percussionlastige Varianten. Begnadete Texter wie Dorival Caym-
mi, Ary Barroso und Noel Rosa machten den samba canção (gesungener
Samba) populär. (Über das poetische und tragischerweise kurze Leben
von Noel Rosa gibt's übrigens einen Film: Noel: Poeta da Vila aus dem
Jahre 2006). Der samba canção ist durch sentimentale Liedtexte gekenn-
zeichnet und ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Melodie, nicht auf
dem Rhythmus - gewissermaßen die Vorstufe zum späteren Bossa nova.
Carmen Miranda, die zu den größten Radiostars der 1930er-Jahre zählte,
war eine der ersten Botschafterinnen der brasilianischen Musik.
Die 1930er-Jahre stellten ebenfalls das goldene Zeitalter der Lieder-
komposition für den Karneval dar. Bald dienten die escolas de samba
(Sambaschulen), die erstmals 1928 auf der Bildfläche erschienen, als trei-
bende Kraft hinter der Komposition neuer Songs und schon kurz darauf
waren der Samba und der Karneval untrennbar miteinander verbunden.
Die heutigen Lieder bedienen sich weiter großzügig aus dem Fundus je-
ner goldenen Epoche.
In den folgenden Jahrzehnten hatten weitere sambistas (Sambasänger)
ihre Sternstunden, allerdings stahlen ihnen frisch aufkeimende Musiksti-
le z. T. die Show. Künstler wie Cartola, Nelson Cavaquinho und Clementina
de Jesus trugen erheblich zur Popularität des Sambas und der Genres bei,
die aus ihm hervorgingen.
Die Journalistin,
Autorin und
ehemalige
Tänzerin Alma
Guillermoprieto
beschreibt das
Leben in der
Favela Mangueira
und die Vorberei-
tungen für den
großen Karnevals-
umzug in ihrem
Buch Samba auf
lebendige Weise.
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