Travel Reference
In-Depth Information
örtliche Geschäftsinhaber, eine Kampagne zur Wiederbelebung des
Stadtzentrums, gelegentlich gingen sie sogar von Tür zu Tür, um Geld
zu sammeln.
1995 hatte sich die Aktion endgültig als Erfolg erwiesen. Ganze Häu-
serblocks, die es dringend nötig gehabt hatten, waren renoviert worden.
Schön restaurierte Gebäude zogen neue Investoren an, Geschäfte und
Kulturzentren, aber auch Verlage und Galerien öffneten ihre Pforten,
und das Nachtleben kehrte nach Rio zurück.
Eine geteilte Stadt
Leider gilt die zweite Hälfte des 20. Jhs. auch als Ära, in der die Favelas
explosionsartig wuchsen, denn aus den von Armut gezeichneten Gegen-
den im Nordosten und Landesinneren strömten scharenweise Einwan-
derer nach Rio, sodass die Zahl der Armen in der Stadt stieg. Kriminali-
tät und Gewalt nahmen zu, und der Glanz der Cidade Maravilhosa
(Wunderbare Stadt) begann zu verblassen. Schließlich erhielt sie 1990
den Beinamen Cidade Partida (geteilte Stadt), was der tiefer werdenden
Kluft zwischen den wohlhabenden Vierteln der Zona Sul und den Slums,
die sich auf den Hügeln der Region ausbreiteten, Ausdruck verlieh.
Eines der vorherrschenden Probleme zu Beginn des neuen Jahr-
tausends bleibt die Kriminalität, welche die Stadt plagt. Nach wie vor
sterben Tausende Menschen einen gewaltsamen Tod, besonders in den
Favelas; 2008 wurden bei Schießereien zwischen der Polizei und Dro-
genhändlern 800 Menschen von Polizisten getötet; auch zwölf Polizei-
beamte kamen ums Leben. Die Mittel- und Oberschicht Rios scheint
sich resigniert auf ein Dasein innerhalb der umzäunten und bewachten
Eigentumswohnanlagen eingerichtet zu haben, während in den nahe
gelegenen Slums Armut und Gewalt herrschen.
Lösungsversuche der Regierung schlugen meistens fehl. So manche
Spezialeinheit wurde losgeschickt, um einen Drogenlord auszuschal-
ten, doch egal, ob sie ihren Auftrag erfolgreich erfüllte oder nicht, die
Razzien mit schwerem Geschütz forderten oft auch das Leben Unschul-
diger. Daher hegen viele Bewohner ein tief verwurzeltes Misstrauen
gegenüber der Polizei. Den Favelas den Krieg zu erklären hat eindeutig
nicht funktioniert - sobald die Polizei mit dem Drogenlord (oder seiner
Leiche) in den Fängen wieder abzog, stand schon jemand bereit, der
seinen Platz einnahm.
Ein neuer Anfang
Aufgrund der sich verschlechternden Situation sucht die brasilianische
Regierung nach neuen Wegen. Präsident Lula (mit vollem Namen Luiz
Inácio Lula da Silva), der so klug war, den Zusammenhang zwischen
Bruno Barretos
Film Vier Tage im
September
(1997), der in Rio
zur Zeit der
Militärdiktatur
spielt, basiert auf
der Entführung
des US-amerika-
nischen Botschaf-
ters in Brasilien
durch linke
Guerillakämpfer.
Rios erste Favela
entstand zwar
bereit 1897, doch
erst seit 1994
sind die Siedlun-
gen auf Stadtplä-
nen und Karten
verzeichnet.
2010
Rio gibt das ambitio-
nierte Favela-Projekt
Morar Carioca be-
kannt. Für 8 Mrd. R$
sollen bis 2020 die
Infrastruktur und die
lebensbedingungen in
allen 1000 Favelas
verbessert werden.
2012
Rios Karneval bricht
mit über einer Million
Besuchern (29 %
mehr als erwartet) und
Einnahmen von fast
1,5 Mrd. R$ weiterhin
alle Rekorde.
2013
Zur Vorbereitung auf
die Fußball-WM 2014,
die in zwölf brasiliani-
schen Städten statt-
inden wird, renoviert
Rio für 430 Mio. € das
Maracanã-Stadion,
den Austragungsort
des Finales.
2016
Im Vorfeld der Som-
merolympiade wird Rio
geschätzte 35 Mio. R$
investieren; ein Groß-
teil des Geschehens
wird sich in Barra da
Tijuca abspielen.
Search WWH ::




Custom Search