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wurden als unschuldige Wilde beschrieben, die sorglos und sehr rein-
lich waren und die unübliche Gewohnheit hatten, täglich im Meer zu
baden. Die Tatsache, dass sie ihre Frauen den fremden Ausländern frei-
zügig anboten, dürfte zur Begeisterung beigetragen haben, mit der
Letztere nach ihrer Rückkehr nach Portugal über die Region sprachen.
Tatsächlich waren die Flitterwochen jedoch schnell vorüber. Die Er-
oberer sahen in den im Wald lebenden Indios bald nur noch krudes
Menschenmaterial für das portugiesische Reich, versklavten sie und
ließen sie auf Plantagen arbeiten. Die Indios andererseits erwiesen sich
als anders, als die Europäer vermutet hatten. Die Tupinambá waren ein
kriegerisches Volk und aßen ihre Feinde - durch diesen rituellen Kan-
nibalismus, so glaubten sie, würde die Macht und Stärke des verspeis-
ten Gegners auf sie übergehen. Auch waren sie nicht so arbeitswillig
wie erwartet und starben in großer Zahl an eingeschleppten Krankhei-
ten. Zu Beginn des 17. Jhs. waren die Tupinambá komplett ausgerottet.
Um ihre wachsende Nachfrage nach Arbeitskräften zu befriedigen,
wandten sich die Portugiesen schließlich Afrika zu.
Das Motto
„Ordnung und
Fortschritt“ auf
der brasiliani-
schen Fahne geht
auf den französi-
schen Philoso-
phen Auguste de
Comte (1797-
1857) zurück. Er
stellte Vernunft
und Wissenschaft
über traditionel-
len Glauben und
beeinflusste
damit die junge
brasilianische
Republik.
Afrikaner in Brasilien
Kurz nach der Gründung Brasiliens begannen die Portugiesen damit,
Schwarze aus Afrika in die neue Kolonie zu verschleppen. Die meisten
Sklaven kamen aus Guinea, Angola und dem Kongo; sie waren ein Teil
der drei Millionen Menschen, die im Laufe von dreieinhalb Jahrhunder-
ten des Menschenhandels nach Brasilien gebracht wurden. Fast alle -
bis zu zwei Millionen - erreichten die Kolonie über Rio. Die neuen Zu-
wanderer wurden auf Sklavenmärkten unter freiem Himmel als Helfer
in der Region verkauft oder weiter ins Landesinnere verschifft, wo sie
zunächst auf den florierenden Zuckerrohrplantagen arbeiteten. Später,
nach der Entdeckung von Gold in Minas Gerais im Jahr 1704, mussten
sie Knochenarbeit in den Minen verrichten.
Zwar war die Sklaverei überall in der Neuen Welt verbrecherisch,
doch die meisten Historiker sind sich einig, dass es den Afrikanern in
Rio besser ging als ihren Brüdern auf dem Land. Hier arbeiteten die
Sklaven vor allem im Haushalt als Dienstmädchen und Butler oder in
der Stadt als Hafenarbeiter, Möbelpacker, Lieferjungen, Bootshelfer,
Schuster, Fischer und Tischler. Am schlimmsten war der Job, die Fässer
mit menschlichen Exkrementen, die in der Stadt anfielen, zu transpor-
tieren und ins Meer zu kippen.
Je stärker Rios Bevölkerung anwuchs, desto mehr nahm auch die
Zahl der Sklaven zu. Viele wurden benötigt, um auf den expandieren-
den Kaffeeplantagen im Paraíba-Tal zu arbeiten. Im frühen 19. Jh. bil-
deten afrikanische Sklaven zwei Drittel der Einwohner der Stadt.
1550-1580
Die Portugiesen
bringen über 2000
Sklaven in die neue Ko-
lonie. In den folgenden
300 Jahren werden
etwa drei Millionen
Afrikaner nach Brasili-
en verschleppt.
1763
Dank des Goldes aus
Minas Gerais, das
durch Rio kommt,
gedeiht die Stadt; ihre
Bevölkerungszahl
wächst auf 50 000 an.
Der portugiesische Hof
verlegt die Hauptstadt
von Salvador nach Rio.
1807
Napoleon marschiert
in Portugal ein, worauf
der portugiesische
Prinzregent samt
seinem großen
Hofstaat nach Brasili-
en lieht. Die königli-
che Familie überlutet
Rio mit Reichtum.
1822
Nach der Rückkehr
seines Vaters Jo-
hann VI. nach Portugal
erklärt Peter I. die
Unabhängigkeit und
ernennt sich selbst
zum „Kaiser“ von
Brasilien.
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