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Hagens Speer den bis auf eine Stelle un-
verwundbaren Siegfried tötet, wird das
Geheimnis der Verletzlichkeit unbeab-
sichtigt von besorgten Frauen verraten.
Die germanische Mythologie kennt
zwei Totenreiche. Walhall ist das To-
tenreich für die im tapferen Zweikampf
gefallenen Helden, die Einherier. Von
Walküren wach geküsst, erlangen nur
diese Helden Einlass in den Totenpalast
in Asgard. Hier trinken sie Met aus dem
Euter der Ziege Heidrun, essen das zar-
te Fleisch des Ebers Sährimnir und be-
reiten sich auf den letzten Kampf vor,
den sie ruhmvoll an der Seite der Götter
gegen die Dämonen der Finsternis und
des Feuers führen werden - vielleicht
erklärt dieser Glaube auch die Kamp-
feslust der alten Germanen. Wer nicht
im heldenhaften Zweikampf fällt, son-
dern altersbedingt stirbt, an einer
Krankheit oder kampflos wie Baldur,
kommt nach Helheim (Niflhel), ins
Reich der Totengöttin Hel, in die Hölle.
Baldur, dem Gott der Sonne, ist folg-
lich kein standesgemäßer Aufenthalt in
Walhall vergönnt, ein Umstand, gegen
den die Götter etwas unternehmen
müssen. Baldurs mutiger Sohn Her-
modhr reitet als Bote der Götter auf
Odins Ross Sleipnir den gefahrvollen
Weg zu Hel, um ihr ein Lösegeld zu bie-
ten, damit sie Baldur heimkehren lasse
nach Asgard. Der gefährliche Helweg
zur Unterwelt führt durch die lange
und tiefe Feuerspalte der Eldgjá. Die
reißenden Fluten des Flusses Gjöll, die
das Reich der Totengöttin begrenzen,
können nur auf einer schmalen Brücke
überquert werden, die von der Jungfrau
Modgudr bewacht wird. Diese Brücke
hatte ihre Entsprechung in der land-
schaftlichen Realität Islands: In der Eld-
gjá überspannte eine bogenförmige
Naturbrücke aus Basalt oberhalb des
Ófærufoss den Fluss Norðariófæra.
Heute allerdings ist der einzige Weg ins
Totenreich der germanischen Mythen
versperrt, nachdem die „Gjöll-Brücke“
während der Schneeschmelze im Früh-
jahr 1993 eingestürzt ist.
Auf Odins Pferd überspringt Her-
modhr das hohe „Helgitter“ des Zauns
zur Unterwelt tief im Vulkan Hekla,
überwindet den Höllenhund Garm
(„glühende Lava“), sieht seinen Bruder
und verhandelt mit Hel, die verkündet:
„Wenn alle Dinge in der Welt, lebendi-
ge sowohl als tote, ihn beweinen, so soll
er zurück zu den Asen fahren, er soll
aber bei Hel bleiben, wenn eins wider-
spricht …“. Hermodhr überbringt diese
Forderung den Asen. Sie senden Boten
in alle Welt, damit jeder Baldur bewei-
ne. „Als die Gesandten heimfuhren und
ihr Gewerbe wohl vollbracht hatten,
fanden sie in einer Höhle ein Riesen-
weib sitzen, das Thökk genannt war.
Nicht im Leben noch im Tod hatt' ich
Nutzen von ihm: Behalte Hel, was sie
hat.“ In Wirklichkeit ist es wieder der lis-
tige Loki, der hier in verwandelter Ge-
stalt spricht. Baldur bleibt der Weg
zurück nach Asgard versperrt.
Die Weltesche Yggdrasil, ein riesiger
Baum, den niemand fällen kann und
dessen Stamm glüht ohne zu brennen,
ist das rätselhafte Glaubenssymbol der
Germanen für Werden und Vergehen
der Welt. Drei Wurzeln verankern Ygg-
drasil: Diese weisen zum Totenreich
Helheim (Eldgjá und Hekla), zu den
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