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ordnen sich der Konversation unter. Das »Verlangen zu gefallen«
ist die Richtschnur auch für alle anderen Gefühle. Man redet, um
zu gefallen - und sollte sich, oberste Regel, dabei aber nicht zu sehr
selbst gefallen.
Die Schule der Konversation
Konversationsregeln gelten selbstverständlich auch für Unterhal-
tungen zwischen Mann und Frau. Die Sprache der Galanterie, wie
sie Madeleine de Scudéry in ihren Musterkonversationen entwirft,
ist für die folgenden Jahrhunderte bindend, denn sie ermöglicht
die Annäherung zwischen den Geschlechtern, ohne dass es zu Pein-
lichkeiten kommt. Selbst in Konstellationen, in denen das schwer
möglich ist. Hollywood-Komödien haben das in allen Spielarten
durchexerziert. Anspielungen und daraus entstandene Missver-
ständnisse sind von jeher das Salz in der Suppe. Ohne die Kon-
versationslust vergangener Jahrhunderte wäre dies undenkbar. Und
auch der Umgang mit der Wahrheit muss dem Flirten angepasst
werden. Hemmungslose Direktheit führt, zumal bei Frauen, kaum
zum Ziel. »Nur die Lügner sehen die Wahrheit, denn nur sie sehen
den Unterschied«, heißt es in einer Boulevardkomödie. Und ein
bisschen Flunkerei gehört zum Flirten bekanntlich mit dazu.
Das zur Schau getragene Anschmachten einer Frau war jedoch ge-
rade deutschen Denkern viel zu gewagt. Sie setzen im 19. Jahrhun-
dert dagegen die echte, unverstellte Innerlichkeit. Ohne Schnörkel,
ohne Gedöns, ohne Falschheit. Die Freundschaft wird in Stellung
gebracht gegen eine bedrohliche, vom ökonomischen Tauschge-
danken beherrschte Öffentlichkeit, in der man letztlich doch nur
abgezockt wurde.
Neues Stilideal ist die »naivité«, die aufrichtige, natürliche Sprache
der Genies und des selbstbewussten Individuums. Der Pietismus
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