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den Engländer Henry Blount, der in seinem Buch Voyage into the
Levant aus dem Jahr 1635 die türkischen Hygieneregeln verwun-
dert zur Kenntnis nimmt: »Die, die hier nicht mindestens zwei- bis
dreimal die Woche baden, gelten als anstößig«, um sie sich dann zu
erklären. Dabei wendet er ein typisches Verhaltensmuster an, das
auch zeitlos zu sein scheint: Wenn wir ein bestimmtes Verhalten
nicht verstehen, dann versuchen wir es zu rationalisieren. Das des
anderen genauso wie unser eigenes. Unabhängig davon, wie irrati-
onal unsere Begründungen sind: »In diesen heißen Ländern, wo es
schlechtes Essen gibt, ist Sauberkeit notwendig, um Krankheiten
vorzubeugen. Bei unseren eher moderaten Temperaturen ist es nicht
notwendig, sich so häuig zu waschen.« Wer auf diese Art reist, der
wird jedenfalls wenig entdecken, so viel steht fest.
Das Gefühl der kulturellen Überlegenheit ist im Übrigen kein ein-
seitiges. So ist der Satz eines türkischen Schiffsreisenden überliefert,
der den Sturz eines Engländers vom Schiff süfisant mit den Wor-
ten kommentierte: »Nun hat Gott dich endlich gewaschen.«
Mir ist nichts Menschliches fremd - Reisevorbe-
reitungen mit Montaigne
Wer verreist, der sollte Montaigne lesen. Davon bin ich fest über-
zeugt. Aber wie komme ich auf die Idee, einen Adligen, der 1533
auf einem Schloss im französischen Périgord geboren wurde, rei-
sewilligen Menschen im 21. Jahrhundert als Mentor anzudienen?
Weil, egal wohin es geht, Michel de Montaigne buchstäblich zu
allem etwas zu sagen hat - und er hat etwas zu sagen. Montaigne
ist - wie Adolph Freiherr Knigge - zu einem Synonym geworden.
Nicht dafür, wie man etwas richtig tut, sondern was man selbst tun
kann, das Leben zu lieben! Alle seine Texte sind ein Ja zum Leben
und ein Nein gegenüber allen inneren und äußeren Dämonen, die
die Vielfalt unseres Lebens einschränken möchten.
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