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sein! (Was nicht besonders schwierig war, wie aus dem bisher Ge-
schriebenen deutlich wird.)
Mit seiner neuen Rolle übernimmt der Bürger auch neue Verant-
wortung. Und so dient die Sorge um sich selbst keineswegs nur
als Abgrenzungsmerkmal, sondern auch als Ausweis eines geistigen
Führungsanspruches. Einer Bildungselite, die den Bau von Schulen,
Krankenhäusern, Kanalnetzen, Markthallen und Schlachthöfen vo-
rantreibt. Die den Ausgang aus selbstverschuldeten Unmündigkei-
ten und Schmutzilmen gleichermaßen betreibt. Gestärkter Kragen
und steife Etikette. Die Selbstbeherrschung wird zum übermäßigen
Maß aller Dinge. Als universeller Anspruch, als unmissverständliche
Aufforderung an alle, die zukünftig für Menschen gehalten werden
wollen, für sich und andere Sorge zu tragen. Der Mensch ist frei
genug, sich selbst zu disziplinieren. Wer von dieser Freiheit keinen
Gebrauch machte, der wurde zunächst hölich dazu ermahnt. So
hängt beispielsweise im Dresdner Hygienemuseum eine Emailleta-
fel, auf der die Fahrgäste in den Bahnhöfen gebeten wurden, nicht
auf den Fußböden in den Waggons herumzuspucken, eben um der
Verbreitung von Tuberkulose vorzubeugen. Doch der bürgerliche
Geduldsfaden reichte nicht ewig. Der Mensch hat Sorge zu tragen,
und wer sich nicht sorgt, dem fehlt es eben an Menschlichkeit. Ob
dreckige Finger, stinkende Füße, tropfende Nasen, faulige Zähne
oder schwarze Ohren, jeder, der seinen Körper vernachlässigt, be-
weist vor allen Dingen, wie gleichgültig ihm seine Mitmenschen
sind. Wer raucht, sich schlecht ernährt oder zu wenig bewegt, der
schadet nicht nur sich selbst, der beweist auch, dass er ein Egoist
ist. Gesundheit und Sauberkeit werden zum Ausweis moralischer
Integrität und eines respektvollen Miteinanders.
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